Bibeln – gerollt und gebunden. Wie die Bibel entstand – Teil 4 Auf Pergament und Papier geschrieben und gedruckt. Von Hans-Jürgen Grundmann aus Berlin
Willkommen in Galiläa Zu Ostern gehört auch der Aufbruch von der Stätte des Todes. Gedanken zum Osterfest. Von Thilo Haak aus Berlin
Wenn der Mann der Nachbarin gestorben ist Kann ich da so einfach hingehen und stören? Und was sagt man dann? Die Lebensfrage. Von Propst a.D. Karl-Heinrich Lütcke aus Berlin
Petrus – ein Jünger mit Höhen und Tiefen Das Krähen des Hahnes nach der Gefangennahme Jesu ruft Petrus in die Realität zurück. Der Versucher stellt sein Gottvertrauen auf die Probe. Von Pfarrer im Ruhestand Günter Dimmler aus Königssee
Im Alter von 83 Jahren starb am 29. Dezember 2019 Ministerpräsident a.D. und Oberkonsistorialrat i.R. Manfred Stolpe. Foto: Volker Tanner
Danke, Bruder Stolpe! Der verstorbene Kirchenjurist und brandenburgische Ministerpräsident a.D. Manfred Stolpe war der „Frohen Botschaft“ sehr verbunden. Seit frühester Jugend kannte er die Zeitschrift. Er lebte und verkörperte eine wertschätzende Aufmerksamkeit. Von Generalsuperintendent a.D. Martin-Michael Passauer und Oberkirchenrätin a.D. Rosemarie Cynkiewicz aus Berlin
Vom Bild zur Schrift. Wie die Bibel entstand – Teil 2 Die Weltweite Evangelische Allianz hat 2020 zum Jahr der Bibel ausgerufen. Die Frohe Botschaft startet dazu eine Reihe. Wissens- und Bemerkenswertes über das Buch der Bücher von einem, der Bibeln sammelt. Von Hans-Jürgen Grundmann aus Berlin
Ein steiniger Weg Während draußen die Wende passierte, befand sich Sabine Neuberts Gesundheit im rasanten Abwärtstrend. Serie 30 Jahre Maueröffnung. Von Sabine Neubert, Leserin aus Ebenstock OT Sara
Hat die vertraute Liturgie ausgedient? Alle reden von neuen Gottesdienstformen. Müssen ältere Menschen sich jetzt auf etwas ganz Neues umstellen? Die Lebensfrage. Von Generalsuperintendent a.D. Hans-Ulrich Schulz aus Potsdam
Bunt wie Gott und das Leben Notizen eines Pfarrers am Stadtrand von Bonn. Georg Schwikat beschreibt seinen Alltag in Gedankensplittern, aus denen die Liebe zum Beruf und den Menschen spricht. Und Humor. Eine Rezension. Von Sibylle Sterzik, Berlin
Predigttext zum 2. Februar 2020 Letzter Sonntag nach Epiphanias: Offenbarung 1,9–18
Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.
Offenbarung 1,17+18
Von Gott berührt sein, herausgerufen, Ausnahmezustand. Für diesen Moment treten Raum und Zeit zurück. Da ist nur Gott, sein Licht, seine Stimme, als wäre der Himmel offen, als stände der, der diese Vision hat, vor Gottes Angesicht.
Welche Worte können das beschreiben? Wie kann er das, was seine Seele in diesem Moment ganz ausfüllt, anderen vermitteln?
Der Seher Johannes wählt Bilder der Vollkommenheit: sieben Leuchter, Gold, weiß für die absolute Reinheit, glänzende Füße, wassertosende Stimme, scharfe, schneidende Worte. Wirklich sehen kann er den, der ihm da begegnet, nicht: Alles strahlt wie die blendende Mittagssonne.
Wer kann schon in die Sonne sehen? Wer kann Gott ansehen? Johannes ist überwältigt und wird ohnmächtig.
Von Gott berührt. Besonderer Augenblick, herausgenommen sein aus Raum und Zeit. Der Himmel ist offen. Die Worte dessen, der zum Seher spricht, ordnen sein ganz persönliches Schicksal ein. Er ist einer, der zu seinem Glauben steht, von Gott redet. Sein Leben ist angegriffen, durchgeschüttelt, so gefährdet, dass er fliehen muss. Asyl findet er auf Patmos, einer kleinen Insel mitten in der Ägäis. Er lebt abgeschnitten von denen, die ihm lieb und wichtig sind, sicher voller Angst vor dem, was da kommt.
Aus seiner Ohnmacht und Hilflosigkeit hilft ihm der heraus, den er in seiner Vision sieht: der Menschensohn, Jesus Christus. „Fürchte dich nicht!“ Was sollen die Menschen Johannes schon anhaben? Der, der die ganze Schöpfung umfasst, Anfang und Ende, der immer schon ist und ewig sein wird, der spricht zu dem Seher und nimmt ihn für sich in seinen Dienst. Da werden Menschenwünsche, Menschenworte, Menschenbedrohungen klein und unwichtig. Der Seher Johannes ist Teil der Geschichte Gottes mit den Menschen.
Jetzt macht auch die Einsamkeit Sinn. Hierher musste er kommen, fernab aller Hektik und Betriebsamkeit der Menschen, um Gott zu begegnen und Gottes Wort aufzuschreiben, um nach Worten zu suchen für die von Gott geschenkten Bilder, die in seinem Kopf entstehen und das Geschehen der Welt für die Menschen in ein neues Licht tauchen.
„Fürchte dich nicht!“ Zeiten der Einsamkeit, alle Selbstverständlichkeiten sind in Frage gestellt. Und dann begegnet dir Gott: in einem Bibelwort, in einem ermutigenden Satz, den jemand dir sagt, im Gebet, wenn sich die Anspannung löst, in einem Moment, in dem der Himmel offen ist und deine inneren Bilder dich Gottes Licht sehen lassen und dir neues Verstehen schenken.
„Fürchte dich nicht!“ Gott geht mit dir, der Anfang und Ende umfasst, der Leben schenkt, der an deiner Seite geht und dir hilft, auch aus Schwerem Gutes werden zu lassen, heil zu werden, an Leib und Seele.
Angelika Scholte-Reh ist Pfarrerin in der Region Ortrand im Südlichen Brandenburg
Ein besonderer Augenblick. Foto: Pixabay
Von welcher Güte leben wir?
Predigttext zum 9. Februar 2020 Septuagesimae: Matthäus 20,1–16
… weil ich so gütig bin. Matthäus 20,15
Mitte der 1990er Jahre war ich das erste Mal in Jerusalem. Ich war gespannt, was mich dort erwarten würde. Früh am Morgen fuhren wir mit einem PKW durch die Stadt. An einer Kreuzung sah ich eine Gruppe von Männern herumstehen. Ich habe gefragt, was das für Leute seien. Die Antwort: Tagelöhner. Tagelöhner in unserer Zeit. Das war für mich wie ein Schock. Dann aber schossen mir Gedanken durch den Kopf.
Wir gut für die, die an diesem Tag eine Arbeit haben. Um wie vieles besser sind die dran, die eine feste Anstellung haben. Am allerbesten ist aber eine Arbeit, in der man Sinnerfüllung finden kann. Aber was mögen die Tagelöhner denken, die an dieser Kreuzung herumstanden?
Was empfinden sie;
werde ich nicht gebraucht;
bin ich überflüssig;
was soll aus meiner Familie werden?
Ich – ein Versager, ein Verlierer?
Eine Überraschung
In unserem Bibeltext wird erzählt, dass ein Weinbergsbesitzer Tagelöhner zu unterschiedlichen Zeiten einstellt. Nun geschieht etwas Unglaubliches. Alle bekommen den gleichen Lohn, obwohl sie unterschiedlich lange gearbeitet haben.
Gerecht ist das nach unseren Maßstäben nicht. Der Weinbergsbesitzer bezahlt nicht nach Leistung, sondern er gibt ihnen, was sie suchen und was sie nötig brauchen. Hier wird deutlich, dass zur Gerechtigkeit ein Gegenüber gehört. Und dieses Gegenüber findet seinen Ausdruck in dem folgenden Satz:
Weil ich so gütig bin
„… weil ich so gütig bin“. Das nötige Gegenüber ist die Güte. Ja, wir brauchen sie, alle und jeder von uns. Wir sind Menschen mit Schwächen, uns unterlaufen Lieblosigkeiten. Auch der Neid auf andere, die eben auch wie wir einen „Silbergroschen“ bekommen, liegt uns nicht fern, weil wir selbst verletzte und beschädigte Menschen sind. Wir brauchen Güte und leben von Güte.
Von welcher Güte leben wir?
Von welcher Güte wir leben? Wir leben von der Güte Gottes. Gott hat seine Güte in „die Krippe und an das Kreuz dieser Welt“ gelegt. Diese Güte ist seine Nähe, seine Vergebung. Sie ist ablesbar an jedem Wort und an jedem Tun von Jesus Christus. Von dieser Güte leben wir. Danke für diese Güte, die nie resigniert.
Von welcher Güte leben wir? Wir leben von der Widerspiegelung der Güte Gottes in der Güte von Menschen. Zuwendung, Anteilnahme, Verstehen, und wie die Namen dieser Güte alle heißen mögen. Von dieser Güte leben wir. Danke für jede empfangene Güte.
Ein kleiner Wunsch
Und übrigens, ich hätte nichts dagegen, wenn die Tagelöhner, die so lange herumstehen mussten, zwei Silbergroschen bekommen würden.
Manfred Koloska, Pfarrer im Ruhestand, Berliner Stadtmission, Berlin-Blankenburg
Gottes Güte öffnet Türen. Foto: pixabay
Schwere Kost für den Propheten
Predigttext zum 16. Februar 2020 Sexagesimae: Hesekiel 2,1–5 (6–7) 8–10; 3,1–3
Und sprach zu mir: Du Menschenkind, gib deinem Bauch zu essen und fülle dein Inneres mit dieser Schriftrolle, die ich dir gebe. Da aß ich sie, und sie war in meinem Munde so süß wie Honig. Hesekiel 3,3
Ich sehe vor mir eine Radierung von Marc Chagall, die Berufung des Hesekiel. Voller Ehrfurcht blickt Hesekiel hinauf zur Hand, die ihm eine Schriftrolle reicht (2,9). „Iss …, fülle dein Inneres mit dieser Schriftrolle!“ (3,1+3) Das Buch des Hesekiel ist keine leichte Kost. Früher war die Berufung auch nicht als regulärer Predigttext vorgesehen. Wohl als zu schwer verdaulich befunden. Aber es lohnt, solche Speise nicht von sich zu schieben.
Für Dorothee Sölle zum Beispiel sind die Psalmen „eines der wichtigsten Lebensmittel. Ich esse sie, ich trinke sie, ich kaue auf ihnen herum“. (Schottroff/Sölle, Den Himmel erden). Aber dafür muss man sich Zeit nehmen. Und die ist bekanntlich knapp. Vor allem für Bibelkost, sie soll leicht bekömmlich sein.
In der Schriftrolle standen „Klage, Ach und Weh“ (2,10). Ähnlich ist es mit dem Prophetenbuch. Während der Wochenspruch aufruft, „seine Stimme zu hören“ (Hebräer 3,15), scheint es bei Hesekiel egal zu sein, ob die Zuhörer gehorchen oder es sein lassen (2,7). Das Gericht wird über Jerusalem hereinbrechen und alles niederwalzen. Hier ist es kein Jona, durch dessen Predigt Umkehr bewirkt werden soll und damit die Abwendung eines Gerichts.
Das klingt in unseren Ohren heute sehr fremd und wir fragen: Kann der Abba Jesu so zornig und böse sein? Aber vorsichtig, wir brauchen Zeit und müssen wie Hesekiel die ganze Schriftrolle in uns aufnehmen. Er „aß“ sie und sprach „die war in meinem Mund so süß wie Honig“ (3,3). Das Buch Hesekiel ist zuerst als ein Buch konzipiert und also primär zum Lesen gedacht.
Die Leserinnen und Leser schauten damals zurück auf die große Katastrophe der Zerstörung des Gotteshauses 586 vor Christus und das babylonische Exil. An der Tatsache war nichts mehr zu ändern, sie war über das Land gerollt. Jetzt ging es um die Zukunft. Können wir noch auf Gott setzen? Ja, so die Botschaft des Hesekiel. „Siehe, ich will Odem in euch bringen, dass ihr wieder lebendig werdet“ (37,5). Sie wussten zugleich, dass zum Neuanfang auch die Umkehr gehört. So entwickelte sich wie ein Wunder aus einer katastrophalen Niederlage ein epochaler Neustart.
Vielleicht war es in unserem Land nach 1945 so ähnlich. Uns wurde ein Neuanfang geschenkt. Zugleich mussten wir aufarbeiten und uns zur Umkehr bekennen. Da sollten wir dranbleiben, damit nicht alte Geister erneut Oberwasser gewinnen. Aktuell ist es keine Katastrophe, die wir zu verarbeiten haben. Trotzdem stellen sich kritische Fragen zu einer Umkehr, wie die nach unserem Lebensstil und nach unserer Gottvergessenheit. Noch können „Klage, Ach und Weh“ vermieden werden.
Martin Zobel, Pfarrer in Boitzenburg, Uckermark
Hesekiel erhält eine Schriftrolle. Foto Ulrike Mai/Pixabay
Alle sind auserwählt, alle
Predigttext zum 23. Februar 2020 Estomihi: Lukas 18,31–34
… und am dritten Tage wird ER auferstehen.
Lukas 18,33
Zur Halbzeit des Fußballspiels rief der Trainer seine Spieler in der Kabine zusammen. Mit hängenden Köpfen kamen die jungen Männer, Petrus (der ihn verleugnete), Thomas (der an ihm zweifelte, Judas (der ihn verriet) und die anderen zu ihm vom Spielfeld.
Sie lagen aussichtslos zurück. Nach seiner Ansprache kehrten sie motiviert um und drehten das Spiel. Aus einer drohenden Niederlage wurde noch ein Sieg!
Ein Fußballspiel wird nicht über Taktik entschieden, sondern über die Mentalität der Spieler. Daran muss ich denken, wenn ich auf den Predigttext schaue. Jesus nahm zu sich die Zwölf, einen mehr als beim Fußball. Und dann folgte seine Ansprache, streng und liebevoll. Er verwandelte ihre Aussichtslosigkeit in Hoffnung.
Zurück am Spielfeld pfeifen ihn die Zuschauer aus. Sie verspotten ihn, sie spucken ihn an. Sie wollen dafür sorgen, dass er seinen Trainerposten verliert.
Doch jetzt ist er noch da. Noch kann er das Spiel drehen und die Mannschaft mitreißen aus dem Abstieg in den Aufstieg.
Am dritten Tag nach seinem Tod am Kreuz stand Jesus auf von den Toten. In der Kirche spreche ich diesen Satz mit erhobener Stimme, lauter als die anderen Sätze. Erfrischt und motiviert kehrt die Gemeinde auf ihr Fußballfeld, in ihr Leben, zurück.
Manchmal können uns Gottesdienste nicht verändern. Mit hängenden Köpfen kommen wir in die Kirche. Da passiert nichts. Da wird keine Frohe Botschaft verkündigt. Da erfahren wir nicht, dass sich etwas verändern lässt, weder in der Natur noch unter Menschen. Mit hängenden Köpfen schleichen wir wieder hinaus.
Es ist ein Trauerspiel. Die Mannschaft, die Gemeinde begreift nichts von der Auferstehung. Der Sinn der Rede Jesu ist ihr verborgen. Wir verstehen nicht, was er damit sagte.
Jesus sagt es uns dreimal, dass er sterben u n d auferstehen wird: Lukas 9,18–22, Lukas 9,43b–45 und Lukas 9,31–34. „Lasst diese Worte in eure 0hren dringen.“
Da ist viel Sterben in der Welt, aber noch viel mehr Auferstehen von den Toten.
Gott, wie wir täglich von der Liebe andrer leben, wollen wir an ihrer Seite stehen, wenn sie uns brauchen. Lass Gutes von uns ausgehen. Hilf uns, gegen Leid anzukämpfen, das unnötig ist. Hilf uns, Schmerzen zu ertragen, die das Leben mit sich bringt. In guten wie in schlechten Zeiten leben wir aus deiner Hand. Dir vertrauen wir uns an.
Wilfried Engemann. Aus: frei und unverzagt. Gebete der Hoffnung, Hamburg 2017
Die Weihnachtssterne leuchten Jörg macht eine Entdeckung als er mit dem Vater im Advent bei Einbruch der Dämmerung durch die Straßen der Stadt geht. Von Christina Telker aus Bernau
Überwältigt von der Zuwendung – 30 Jahre Mauerfall – Teil 4 Erst war alles dunkel. Dann Jubel. Von Sabine und Gert Müller, Leserin und Leser aus Drebach
Rezensionen: Sehnsucht himmelwärts und Predigten am Heiligen Abend Warum Sehnsucht eine Kraft ist und es sich zu lieben lohnt Von Sibylle Sterzik aus Berlin
Vorbild in der Bibel: die Hirten Was, wenn sie einfach sitzen geblieben wären? Sind sie nicht. Die Hirten waren die ersten Apostel des Heilands. Von Sibylle Sterzik aus Berlin
Den ganzen Menschen sehen Es ist eine Freude, die Schätze der Bibel mit Kindern und Jugendlichen zu entdecken. Von Beate Sträter, Pastorin und Schulreferentin in Bonn
Predigttext zum 1. Dezember 2019 1. Advent: Römer 13,8–12
Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt.
Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.
Römer 13,8+12
Advent beginnt mit dem traditionellen Evangelium vom Einzug
Jesu in Jerusalem und dem Adventskranz mit der ersten Kerze. Die Worte aus dem
Römerbrief beschreiben das Wesentliche des Advents: Wir hoffen auf Liebe und
zunehmendes Licht. Gottes Nähe und Liebe vertreiben das Dunkel unserer Welt.
Paulus macht deutlich: in der Liebe wird das Wesen der Gebote Gottes für alle
erkennbar – eine Liebe, die alles umfängt.
Kevin, 7 Jahre alt, darf bei den Großeltern übernachten. Er
wird manchmal nachts von Alpträumen geplagt. In der Nacht hören die
Großeltern lautes Weinen. Sie gehen hin und nehmen den schluchzenden Jungen in
die Arme. „Ich habe so schlimm geträumt.“ Er hatte fürchterliche Angst. „Warum
bist Du denn nicht einfach zu uns ins Bett gekrochen?“ fragt die Großmutter.
„Es war so dunkel, ich hatte ganz, ganz schlimme Angst.“ Jetzt brennt nachts
das Flurlicht.
Licht kann trösten, die Großeltern sind noch in der einer
Zeit groß geworden, als es pädagogisch fest stand: Die Kinder müssen lernen bei
Dunkel zu schlafen. Das macht diese Jahreszeit dann auch besonders bedrohlich.
Die tröstende Botschaft der Adventszeit ist doch: Das Licht
kommt! Jedes Jahr nähern wir uns der Geburt des Jesuskindes im Stall von
Bethlehem mit Kerzen. Sie werden immer mehr, je näher wir an Weihnachten
heranrücken. Und dann: die überwältigende Lichterflut in den Häusern und
Kirchen am Weihnachtsabend.
Liebe und Licht: mit diesen Verheißungen lässt sich das
Dunkel ertragen. Auch das Dunkel der politischen Landschaft, der Menschen
gemachten Katastrophen, der Menschen auf der Flucht? Große Zweifel bleiben,
aber auch die Verheißungen:
Er kommt, ein Gerechter und ein Helfer.
Ein Pfarrer hat mich beeindruckt, seine Segensformel am Ende
des Gottesdienstes nach dem Abendmahl spricht er nicht als Bitte, sondern als
Ansage: Der Herr segnet dich und behütet dich, der Herr lässt sein Angesicht
leuchten über dir und ist dir gnädig, der Herr erhebt sein Angesicht auf dich
und schenkt dir Frieden.
Leuchten im Angesicht Gottes, Frieden im Angesicht Gottes,
geborgen in den Armen der Großeltern, wir erwarten Ihn, der kommt. Ein altes
Adventslied von Max von Schenkendorf (1783–1817) beschreibt das:
1. Die Tage sind so dunkel, die Nächte lang und kalt; doch übet Sterngefunkel noch über uns Gewalt.
3. Er war einmal erschienen in ferner sel’ger Zeit, da waren ihm zu dienen die Weisen gleich bereit.
6. Wir wollen nach dir blicken du Licht, das ewig brennt. Wir wollen uns beschicken zum seligen Advent!
Paul Geiß, Pfarrer im Ruhestand in Berlin
Winterlandschaft Foto: Pixabay
Zeichen der Zeit erkennen
Predigttext zum 8. Dezember 2019 2. Advent: Lukas 21,25–33
Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein … und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen. Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit.
Lukas 21,25-27
Der Lukastext macht mir Angst. Genauso Angst wie der neulich
so oft gehörte Satz: „Ich trete aus der Kirche aus!“ Die Warum-Frage kam von
mir. Auf Kirchensteuer oder ähnliches eingestellt, kam eine ganz andere
Antwort: „Die sind auch nicht anders, als unser Staat. Dann brauche ich keinen
Gott und Kirche, die mich genauso wenig verstehen, wie Merkel & Co.“ Leider
muss ich meinem Gegenüber zumindest damit recht geben, dass mich die Ignoranz
und Buchstabenfrömmigkeit meiner Kirche auch öfter wundert.
Auf den Predigttext schauend, ist das ein ganz normaler
Vorgang. Ein Vorgang der zu erwarten ist. Das Ende.
Ich denke, nein, Gottes Pläne werden wir nicht aufhalten
können, aber ja wir können etwas dazu tun, dass dieses Ende nicht so krass
wird. Machen wir uns Gedanken darüber, wie man vom Ich zum Wir kommt und weg
von Sätzen wie: „Wenn jeder an sich denkt, ist an jeden gedacht!“
Ja, Gott, Vater, ich möchte mich auf das Ende freuen. Ohne
Angst und Zweifel. Wie das Ende aussieht, mit oder ohne Jesu Christus,
bestimmen wir zu Lebzeiten selbst. Dafür bete ich, dass es ein gemeinsamer Weg
wird, mein Glaube, meine Kirche und ich. Aber dafür müssen wir alle sofort
etwas tun!
Titus Schlagowsky,
Seelsorger und Prädikant, Nochern in der Evangelischen Kirche Hessen und
Nassau
Ich steh an deiner Krippe hier. Foto: Gerd Altmann/Pixabay
Was tun?
Predigttext zum 15. Dezember 2019 3. Advent: Lukas 3, (1–2) 3–14 (15–17) 18
Und Johannes kam in die ganze Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden, wie geschrieben steht im Buch der Worte des Propheten Jesaja (40,3–5): „Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden. Und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen.“ Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir tun?
Lukas 3,3+4+6+8+10
Die Adventszeit war früher eine Zeit der Buße. Sie galt der
Vorbereitung auf das Kommen des Heilandes, des Heil bringenden Jesus Christus.
Davon wird in diesem Predigttext für den 3. Advent noch etwas deutlich. Wir
sind ja eher gemütliche Wohnzimmer gewohnt, in wärmendes Kerzenlicht getaucht
und herrlich duftendes Gebäck dazu.
Aber was könnte das heißen, sich vorzubereiten auf die
Ankunft Christi? Johannes der Täufer predigt es mit den Worten des Propheten
Jesaja: Alle Täler sollen erhöht werden, alle Berge und Hügel erniedrigt, was
krumm ist soll gerade werden. Alles wird anders, geradezu in sein Gegenteil
verkehrt. Tiefe Täler werden hoch, hohe Berge werden klein gemacht, Krummes
begradigt.
Die Gedanken sprühen nur so dazu: Herrscher, die sich für
gewichtig halten, sehen neben Jesus Christus klein aus, wenn sein Stern über
Bethlehem aufgeht. Die Macht der Liebe ist so viel größer als die Ohnmacht der
Willkür. Was klein ist wird groß. Unterdrückte und ihrer Freiheit beraubte
Menschen richtet Jesus auf und gibt ihnen ihre Würde zurück. Wo das geschieht
sehen alle Menschen den Heiland Gottes. Zu Weihnachten, aber nicht nur da.
Der Mensch gewordene Heilbringer Gottes gibt selbst die Antwort auf die Frage der Menge, der Zöllner und der Soldaten: Was sollen wir tun? Es ist das, was er selbst im Namen Gottes tat: Hungrige speisen, Fremde beherberge, Kranke pflegen, Gefangene besuchen, niemandem Gewalt tun und von der Liebe Gottes erzählen.
Sibylle Sterzik, Berlin
Plätzchenduft. Foto Ulrike Mai/Pixabay
Hoffnungen liegen in der Luft
Predigttext zum 22. Dezember 2019 4. Advent: 2. Korinther 1,18–22
Bei der Treue Gottes, unser Wort an euch ist nicht Ja und Nein zugleich. Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern das Ja war in ihm. Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zur Ehre. Gott ist’s aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt hat und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.
2. Korinther 1,18–22
Eigentlich wollte ich ja zu euch kommen, so schreibt Paulus
in einem Brief an die Christen in Korinth. Aber er kam nicht. Das löst Ärger,
Unverständnis und Enttäuschung über mangelnde Zuverlässigkeit aus. Der lange
geplante und versprochene Besuch bleibt aus.
Paulus’ Glaubwürdigkeit und die seiner Begleiter stehen auf
dem Prüfstand. Und im Hintergrund, ja vielleicht unbewusst, spielt der Gedanke
mit: Wenn die – Paulus und seine Begleiter – ein Versprechen schon nicht
einhalten, dann wird wohl an ihren Worten, auch nicht viel dran sein.
Eine Zusage muss doch eingehalten werden.
So sind wir erzogen. Eine Meinungsänderung oder Absage kommt
schlecht an.
Dabei merke ich, wie sehr die Worte der Kirche an dem
Verhalten und den Entscheidungen der Mitarbeiter gemessen werden. Wie viele
haben auch in unseren Tagen der Kirche den Rücken gekehrt, nur wegen dem
Verhalten von anderen Christen. Aber die Worte der Bibel sind nicht mit dem
Verhalten der einzelnen Christen zu vermischen, jedenfalls nicht so ohne
Weiteres. Deshalb beruft Paulus sich auf seinen Glauben. Gott sei mein Zeuge
(Vers 18) oder „Bei der Treue Gottes“.
Ja ist eben ja, und nein ist ebenfalls nein. Jedenfalls, was
die Zusagen Gottes betrifft.
Änderungen fallen uns schwer und eine Entscheidung
zurückzunehmen bringt oft Enttäuschung mit sich. Das ist auch Paulus klar: „Ich
rufe aber Gott zum Zeugen an bei meiner Seele, dass ich euch schonen wollte und
darum nicht wieder nach Korinth gekommen bin“ (Vers 23). Was dahinter steckt,
wissen wir nicht. Ist mir auch nicht wichtig. Eher eine Frage, die der Text
aufwirft: „Müssen wir nicht manchmal andere enttäuschen aus Rücksicht, aus
Liebe, aus Barmherzigkeit zu uns selbst und zu anderen?“
In wenigen Tagen feiern wir wieder das Weihnachtsfest, das
mit vielen Erwartungen und Hoffnungen verbunden ist. Wir bereiten uns auf
Besuche vor und freuen uns darauf. Doch zu keiner Zeit liegen so viele
Konflikte in der Luft, wie an den Weihnachtstagen. Alte Verletzungen werden
manchmal wieder wach. Sicher sind wir traurig, wenn die Kinder ihr Kommen
absagen, wenn wir plötzlich krank werden, eine Reise nicht unternehmen können
oder was es auch immer sei.
Kann es nicht sein, dass Gott uns damit gerade „schonen“
will vor etwas, was auf uns zugekommen wäre?
Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große
Freude, denn euch ist heute der Heiland geboren“ (Lukas 2,10+11), so lautet
Gottes Wort an uns – auch wenn sich unsere Pläne und Vorhaben verändern.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest.
Ragnar Manneck, Pfarrer im Ruhestand, Berlin
Gott erscheint in Christi Geburt – Licht in dunkler Nacht. Foto: Jill Wellington/Pixabay
In tiefster Nacht erschienen
Predigttext zum 29. Dezember 2019 Sonntag nach Weihnachten: Hiob 42,1–6
Da antwortete Hiob: „Herr, ich erkenne, dass du alles zu tun vermagst; nichts und niemand kann deinen Plan vereiteln.“ Hiob 42,1+2
„Schade eigentlich …“ war mein erster Gedanke, als ich den
Predigttext für den Sonntag nach Weihnachten las. Am Ende gibt Hiob auf. Er
unterwirft sich Gott und erkennt seine Allmacht an. Dabei hat er am eigenen
Leib erfahren müssen, dass Gott nicht alles tun konnte – oder wollte? Für Hiob
selbst geht die Geschichte zwar gut aus, aber seine Familie wird nicht wieder
lebendig, sondern durch eine neue ersetzt. Das kann er doch nicht einfach so
hinnehmen!
So gibt es vieles auf dieser Welt, was ich nicht als von
Gott gewollt betrachten möchte: Das Kind, das vom Auto überfahren wird oder den
immer hilfsbereiten Mann aus der Gemeinde, den die unheilbare Krankheit mitten
aus dem Leben reißt. Wie ungerecht! Dahinter kann kein Plan Gottes stecken, und
wenn es so wäre, dann möchte ich mit diesem Gott nichts zu tun haben.
Wieso bloß steht dieser Text direkt nach Weihnachten? Soll
er uns aus den allzu gemütlichen Weihnachtsträumen reißen? Uns darin erinnern,
dass sich auch dieses Jahr wieder sehr vieles nicht zum Guten gewendet hat? Wie
schön wäre es da, wenn Gott das alles schlagartig ändern würde, die Kriege
beenden, den Hunger stillen.
Doch wie beruhigend ist es, dass wir Gott nicht hilflos
ausgeliefert sind wie Marionetten, sondern eigene Pläne und eigene Fehler
machen dürfen. Dass Gott sich dafür entschieden hat, mit uns als Mensch durch die
Welt zu gehen, sich uns als hilfloses Kind in der Krippe auszuliefern.
Ich musste bei Hiobs Worten an einen Satz aus dem Lied „Weil
Gott in tiefster Nacht erschienen“ (Evangelisches Gesangbuch 56) denken: „Nimm
an des Christus Freundlichkeit, trag seinen Frieden in die Zeit.“ Gottes Plan
ist nicht, seine Allmacht zu beweisen, sondern uns darin zu unterstützen, die
Welt ein Stück besser zu hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben. Indem
wir uns vom Kind in der Krippe anstecken lassen und versuchen, „seine
Freundlichkeit“ anzunehmen. Indem wir die in den Arm nehmen, die sich wie Hiob
von Gott ungerecht behandelt fühlen, und ihnen sagen: Das, was dir geschieht,
das ist nicht Gottes Plan. Gott leidet mit dir.
Elisabeth Rosenfeld, Pfarrerin für Flüchtlingsarbeit im
Sprengel Görlitz und Seelsorgerin in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt.
Sanftes Brausen Der Pfingstgeist lässt Menschen zusammenstehen, so wie sie sind. Rückblick auf den Kirchentag 2017 und Ausblick auf Dortmund 2019 Von Superintendent Michael Raddatz, Kirchenkreis Berlin Tempelhof-Schöneberg
Erschöpft Petra hat sich verausgabt und über ihre Kräfte um andere gekümmert. Sie muss wohl oder übel auf ihren Arzt hören und eine längere Kur antreten musstest. Es wird schwer. Der Krankenbrief von Freundin Beate
Getröstet Gott ist der echte Tröster, der uns nahe ist: in unserer Einsamkeit und Abschiedstrauer, in unserer Heimatlosigkeit und Suche nach Geborgenheit, in unserem Versagen und unserem Zweifel. Pfingstpredigt von Bischof i.R. Klaus Wollenweber, Bonn
Kati ist wie eine Schwester Und trotzdem hatte und hat Kati für jeden ein offenes Ohr. Manchmal will ihr Telefon gar nicht still stehen, denn sie hat die Gabe, geduldig zuhören zu können. Aber Gott hat ihr noch eine weitere, ganz besondere Gabe geschenkt; ihre Gastfreundschaft. Echte Freundschaft, von Karl-Heinz Eberhardt Schäfer, Lehrer im Ruhestand und Autor, Leipzig
Menschen unseres Gottes sein Doch, das ist der gottgewollte Ansatz der Vergebung. Trost, jede Menge Trost! Verständnis für den Nächsten, die Gemeinde, den Pastor, wen auch immer. Verständnis und Trost für ihr Fehlverhalten. Dann können wir wieder eine Kirche, Gemeinde, Menschen unseres Gottes der Liebe und des Friedens sein. Es wird Zeit. Los, beginnen wir damit. Predigt zu Trinitatus von Titus Schlagowsky, Seelsorger und Prädikant, Nochern in der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau
Gott, jagten wir einst die Stunden des Glücks,
genießen wir nun der Jahre Frucht.
Leibhaftige Liebe zum ständigen Begleiter –
kaum fasst der Kopf dies tägliche Wunder.
Rückwärts schauend verklärt sich die Erinnerung,
doch nach vorn gerichtet spüren wir die Kürze unseres Schritts,
Gott in deines Menschen Zuneigung spüren wir die deine.
Georg Schwikart.
Aus: frei und unverzagt. Gebete der Hoffnung, Hamburg 2017
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