Die Zeitschrift gibt Hoffnung 125 Jahre Frohe Botschaft Elfriede Lindner, Christine Schuster und Lissy Müller schreiben, was ihnen an der Frohen Botschaft wichtig ist. Leserinnen und Leser
Neue Serie: Menschen Lucas aus Kronach – der schnellste Maler Vor 550 Jahren wurde Lucas Cranach der Ältere geboren. Von Hans-Jürgen Grundmann, Berlin
Lucas Cranach der Ältere mit 77 Jahren. Gemälde von Lucas Cranach dem Jüngeren
Buchtipp: Näher als du denkst Gespräche über jüdische und christliche Feste und ihre Rituale Von Sibylle Sterzik, Berlin
Titelseite der Broschüre Jüdisch und Christlich – näher als du denkst. Wichern-Verlag
Leserfrage Ausgetreten und trotzdem kirchlich bestatten oder heiraten? Es antwortet: Propst i.R. Dr. Karl-Heinrich Lütcke, Berlin
„Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher über die ganze Schöpfung. Gerecht und zuverlässig sind deine Wege, du König der Völker.“ Offenbarung 15,3 (E)
Die Christen zur Zeit des Sehers Johannes singen Lieder gegen unerfreuliche Zustände ihrer Zeit. Das Singen macht Mut, gibt Trost, ist ein Gebet. Ja, die Musik und das Singen können heilsam sein. Vielfach ist dies beschrieben worden: Die Angst einfach wegsingen. Denken wir an David, dessen Königs-Karriere damit begann, dass er als Hirtenjunge zu König Saul gerufen wurde, um dessen böse Geister mit Harfenspiel und Gesang zu vertreiben.
„Ich liebe die Musik“, sagt Martin Luther, „weil sie ein Geschenk Gottes und nicht der Menschen ist, weil sie die Seelen fröhlich macht.“ Wir wissen, dass es auch Schlacht- und Streitgesänge gibt. Es kommt immer auf die Inhalte der Lieder an, aber so oder so: Singen gibt Mut und Kraft, ist gesund und kostet gar nichts, vielleicht ein wenig Überwindung.
Manche denken vielleicht, der Autor hat den Sonntag Kantate im Sinn. Das Singen ist eine tägliche Angelegenheit und lobpreisender Gesang ist unsere Antwort, weil wir uns in der Gottesbeziehung aufgehoben fühlen, auch in der oftmals bedrängenden Frage der Gegenwart: Was kommt auf uns zu?
Die Not der Christen zur Zeit der Offenbarung des Johannes wog sicherlich schwerer als die Sorgen, die wir in den Freiheiten unseres Lebens haben. Wir leiden hier keinen Hunger, auch dann nicht, wenn die Lebensmittel- und Gaspreise steigen. Wenn jemand in Not ist, dann können wir uns gegenseitig helfen, medizinisch, sozial, menschlich und christlich.
Gott sei Dank!
Klaus Büstrin, Prädikant in Potsdam
Danken motiviert, mit Lebensmitteln sorgsam umzugehen. Foto: pixabay
Tägliches Dankfest
Predigttext zum 2. Oktober 2022 Erntedank: 5. Mose 8,7–18
Denn der HERR, dein Gott, führt dich in ein gutes Land, ein Land, darin Bäche und Quellen sind und Wasser in der Tiefe, die aus den Bergen und in den Auen fließen, … ein Land, wo du Brot genug zu essen hast, wo dir nichts mangelt … Und wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den HERRN, deinen Gott, loben für das gute Land, das er dir gegeben hat. 5. Mose 8,7.9a.10
Danken motiviert, mit Lebensmitteln sorgsam umzugehen. Foto: pixabay
Die Nachrichten aus der Ukraine und die aus dem Süden Afrikas von Dürre, Wassermangel und Hunger, machen uns deutlich, dass wir täglich Dankfest feiern könnten. Wir haben satt zu essen, sind ärztlich versorgt und leben im Frieden. Nichts, was wir täglich so gedankenlos genießen, ist selbstverständlich. Wir haben vieles, worauf andere verzichten müssen.
Das biblische Wort für das Erntedankfest erinnert das Volk Israel und uns an das Gute, das wir erfahren. Erntedank beginnt mit dem Blick zurück auf ein Jahr, in dem wir vor schlimmer Not verschont wurden. Und mit dem Staunen, dass Gottes Güte uns bewahrt und gesegnet hat. Wir sind ja nicht in allem „Selbstversorger“, die das Leben der eigenen Tüchtigkeit verdanken. „Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte“ (Matthäus 5,45).
Dann kommt in unserem biblischen Wort das Hauptanliegen: „Wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den Herrn, deinen Gott loben“ (5. Mose, 8,10), Die Generationen vor uns haben diese Mahnung als Aufforderung gehört, vor oder nach jeder Mahlzeit ein Dankgebet zu sprechen. Das regelmäßige Tischgebet ist bei vielen „aus der Mode“ gekommen. Es kann uns aber helfen, jede Mahlzeit mit einem kleinen „Erntedank“ zu beginnen oder abzuschließen.
Geradezu beschwörend hören wir: Wenn es dir gut geht, „dann hüte dich, dass dein Herz sich nicht überhebt und du den Herrn, deinen Gott vergisst“ (5. Mose 8,14). Dass du meinst, du hast das alles verdient, weil du so tüchtig und clever bist.
Von Herzen danken für alles Gute im Leben kann nur, wer die Adresse für seinen Dank kennt: Gott, den wir nach dem Willen Jesu als „unser Vater“ anreden. Den Geber alles Guten. Der uns den „Brotkorb“ nicht hoch hängt, sondern reichlich füllt. Wer mit Gott rechnet, sieht in den natürlichen Gaben seine wunderbare Güte und Barmherzigkeit.
Danken motiviert uns, mit den Lebensmitteln sorgsam umzugehen. Es ist eine Schande, wie viel Nahrung im kleinen und großen Stil in der Tonne landet. Viele Mülleimer sind ein Beweis der Undankbarkeit. Dank ermutigt zum Teilen. Die Menschen zu Jesu Zeiten lebten mit der Einrichtung des „Zehnten“. Zehn Prozent dessen, was jemand einnahm, wurde dem Tempel übergeben oder den Armen.
Ich kenne Christenmenschen, die es sich auch heute zur Regel gemacht haben, neben der Kirchensteuer einen festen Betrag, ihren „Zehnten“, zurückzulegen, um damit in Indien, Afrika oder vor ihrer Haustür Menschen zu helfen. Wir beten: „Unser täglich Brot gib u n s heute“, also im Plural. Wer teilt, wird dadurch nicht ärmer. Gott danken „mit Herzen, Mund und Händen“.
Siegfried Dehmel ist Pfarrer i.R. der Berliner Stadtmission
Einer ist verletzt – aber wer hilft? Foto: pixabay
Das Heil verbreiten
Predigttext zum 9. Oktober 2022, 17. Sonntag nach Trinitatis: Jesaja 49,1–6
Der Herr spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Völker gemacht, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde. Jesaja 49,6
Gott hat andere Pläne. Wie so oft. „Sein Knecht“ soll die Stämme Jakobs aufrichten und die Zerstreuten Israels wiederbringen. Als sei das nicht schon genug. Mehr als das. Nun kommt noch etwas hinzu. Gottes Licht soll er allen Völkern bringen, damit sein Heil bis in jeden Winkel der Erde reicht. Und jeder Mensch davon erfährt, dass Gott durch Vergebung und Neuanfang alles heilen kann.
Aber wer ist der Knecht, von dem hier die Rede ist? Im jüdischen Glauben, in der Tora, ist er der Retter des Volkes Israel. Manche Ausleger sehen in ihm das ganze Volk Israel, das stellvertretend für die Sünden der Völker leidet. Mit ihm hat Jahwe einen Bund auf ewig geschlossen. Mit dem Licht für alle Völker sind die Völker Israels gemeint, so Rabbi Schlomo ben Jizchak, genannt Raschi. Die Verse des Jesaja sprechen den aus ihrer Heimat ins babylonische Exil weggeführten Israeliten neue Hoffnung zu. Nun wird Gott kommen und es durch die Wüste ins Land Israel zurückführen. Diese Botschaft wird mit großer Kraft und Bildhaftigkeit verkündet.
Im Christentum ist Gottesknecht ein Titel für Jesus Christus. Mit der Übersetzung der hebräischen Bibel in die griechische Sprache wurden die Gottesknechtslieder in die christliche Tradition eingeführt und später auf Jesus Christus bezogen. Sein Leiden bei seiner römischen Hinrichtung als Verbrecher am Kreuz führt diejenigen, die ihm folgen, heraus aus der eigenen Gefangenschaft in sich selbst, aus dem Gefängnis dessen, was Menschen von Gottes Heil trennt.
Gott ist meine Stärke, sagt der Gottesknecht von sich. Nur so kann er seine große Aufgabe angehen.
Sibylle Sterzik, Berlin
Lebe ich wirklich nach Gottes Willen?
Predigttext zum 16. Oktober 2022 18. Sonntag nach Trinitatis: Epheser 5,15–20
Darum werdet nicht unverständig, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist. Epheser 5,15–20
Wenn ich das wüsste, was Gottes Wille ist? Geht es euch auch so? Entscheidungen treffen, man fragt sich, was ist hier Gottes Wille? Klar kann man beten! Und doch bleiben Restzweifel an meinen Entscheidungen, alles verstanden? Unverständig sein will ich nicht, wie im Predigttext.
Will schon fragen was Gottes Wille ist und verstehen. Ist das alles richtig? Spielt mein Denken und Tun wirklich eine kleinere Rolle als der Wille Gottes? Vielen Christen ist es schon so gegangen, Sie sind unsicher, wissen nicht, wo es langgeht, wollen Gott aber auch nicht verärgern.
Da schaue ich zurück auf mein Leben und erkenne: Jeder Tiefschlag hat mich geformt zu dem, was ich heute bin und lebe. War es Gottes Plan, dass ich meinen Kopf durchsetze? Sicherlich haben nicht viele Tage und Taten im Leben Gottes Zustimmung gefunden.
Wir Christinnen und Christen haben einen Vorteil: Wir können immer um Vergebung bitten. Ich weiß, wo ich hingehen kann, wenn es wieder einmal in meinem Leben nicht nach Gottes Willen gelaufen ist. Ich kann beten und abgeben und gehe oft gestärkt aus diesem Gebet, mutig und stark wie Josua, dem Gott zuspricht: „Habe ich dir nicht geboten: Sei getrost und unverzagt? Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst“ (Josua 1,9).
Gott danke, dass du da bist, auch wenn ich nicht oft genug nach deinem Willen frage! Gott wie du willst und auf immer, dein Wille geschehe.
Titus Schlagowsky, Gastwirt und Prädikant in Nastetten im Rhein-Lahn-Kreis
I
Die Heilung eines Gelähmten. Foto: wikimedia commons
Ein neuer Anfang
Predigttext zum 23. Oktober 2022 19. Sonntag nach Trinitatis: Markus 2,1-12
Da nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben. Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim! Markus 2,5+11
Zweierlei tut Jesus: Sünden vergeben und sechs Verse später heilen. Die erste Sündenvergebung wurde von ihm gar nicht erwartet in dem überfüllten Haus in Kapernaum. Bestimmt hat es nicht nur die vier Männer mehr als irritiert, die den Gelähmten durch Dachabdecken zu Jesus schleppten. Was soll der Gelähmte damit anfangen? Seine Krankheit hat doch nichts mit Sünde zu tun, oder doch? Sünden vergeben ist allein Gottes Sache, kann und darf Jesus das? Wer ist dieser Jesus?
Markus gibt ganz am Anfang seines Evangeliums schon eine Antwort: Jesus ist mehr, als sie erleben und sehen. Jesus erfüllt die Zeit und bringt das Reich Gottes nahe herbei, jetzt. Jesus ist als bevollmächtigter Sohn Gottes erlebbar.
Was sie so getrennt erfahren, gehört eng zusammen, ist miteinander verflochten: Sünden vergeben und heilen. Hier beginnt ein neues Leben für den Gelähmten: Er geht mit seinem Bett unterm Arm hinaus. Da ist plötzlich Platz zum Gehen im engen überfüllten Haus. Da fängt einer neu an, weil andere geglaubt haben: Wie das neue Leben des namenlosen Gelähmten aussieht, erzählt uns Markus nicht. Aber an ihm wird deutlich, wer Jesus ist. Das Unmögliche, das Unvorhersehbare, das Unfassbare geschieht: das Leben nimmt einen neuen Anfang – heute.
„Sünd ist vergeben, Halleluja! Jesus bringt Leben, Halleluja!“ – so klingt es im Refrain eines Osterliedes aus Tansania (Evangelisches Gesangbuch EG 116).
Der Glaube der vier Träger ruft andere zum Glauben an Jesus, das Reich Gottes ist nahe: Da stehen sie unerwartet am Grab und nehmen Abschied von ihrem Bruder, weil sie einander vergeben wollen, was seit einigen Jahren zwischen ihnen stand. Gottes Frieden wird ihnen heute geschenkt. Das glauben sie und können getrost weitergehen.
Da sitzt er mit seinen 8 Jahren in der Kirchenbank und hört dem Spiel der Organistin zu, vor den Ferien hat sie der Klasse die Orgel erklärt. Das muss ich meinem Papa sagen, man kann einfach so in die Kirche gehen, zuhören, staunen, still werden, ohne dass jemand gestorben ist, man kann träumen vom Fußball und allem, was schön ist im Leben und dann wieder Freunde treffen. Papa kann jetzt mal mitkommen.
Da steht sie als erwachsene Frau mit ihrem Ehemann am Taufstein und lässt sich taufen, weil sie eine Ahnung davon bekommen hat, dass ein Leben mit Jesus erfülltes Leben ist, weil sie heute glaubt und die Gemeinschaft in der Kirche liebt.
Markus erzählt: Heute und hier ist die Zeit erfüllt, Jesus schenkt Vergebung und Leben, beides gehört zusammen. Lasst uns Gott loben: „Sünd ist vergeben, Halleluja! Jesus bringt Leben, Halleluja!“
Sabine Benndorf, Prädikantin in der Region Templin
Menschen und ihre Liebe bleiben in unseren Herzen. Foto: pixabay
Liebe ist stärker als der Tod
Predigttext zum 30. Oktober 2022 20. Sonntag nach Trinitatis: Hohelied 8,6b-7
Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine gewaltige Flamme. Hohelied 8,6b
Mit dem letzten Sonntag im Oktober gehen wir hinüber in die dunkle Zeit des Kirchenjahres. Die Zeitumstellung an diesem Tag macht es deutlich: Es wird dunkler um uns. die Tage werden kürzer. Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag, das sind die Tage, die jetzt kommen. Sie sind bestimmt durch das Nachdenken über das Sterben und den Tod. Und da trifft uns mit dem Predigttext ein Wort, das vom Tod spricht und den Tod in Beziehung zur Liebe setzt: Liebe ist stark wie der Tod.
Ich habe es nachgesehen: Es gibt in der ganzen Bibel nur diese eine Stelle, wo die Worte Liebe und Tod so nahe beieinanderstehen. Nur an einer einzigen Stelle wagt es die Bibel, diese beiden Größen „Liebe und Tod“ nebeneinander zu stellen.
Liebe und Tod, diese beiden Worte stehen für die ganz großen Gefühle, die unser Herz bewegen können. Nichts vermag unser Herz mehr in Bewegung zu bringen, als verliebt zu sein oder den Tod eines Menschen erleben zu müssen.
Die Stärke des Todes werden wir nicht in Zweifel ziehen. Wir merken es grad im Herbst. Die Blätter fallen, die Welt wird grau. das Leben scheint sich zu verabschieden. In vielen Familien denken wir in diesen Tagen besonders an die Verstorbenen. Die Zeit des Trauerns holt uns wieder ein. Wir spüren, wie stark der Tod unser Leben beeinflusst und es traurig macht. Tränen kommen, die Welt ist so anders geworden, seit wir den Tod eines lieben Menschen erleben mussten.
Und die Stärke der Liebe, ist die noch zu merken? Wer trauert, wird spüren, dass die Gedanken über den Tod des geliebten Menschen vergehen, aber die Liebe zu ihm bleibt. Die Liebe hat einen ewigen Wert, der auch durch das Schlimmste nicht erschüttert werden kann. Die Macht des Todes, seine Stärke, geht zu Ende, aber die Liebe wird bleiben.
Beide, Liebe und Tod, sind stark, aber die Liebe ist stärker, möchte ich gegen den Satz aus der Bibel sagen. Gott nimmt seine Liebe nicht von den Menschen, wenn sie sterben. Vielmehr gibt er ihnen neue Lebendigkeit, wenn er ihnen auf der anderen Seite des Todes das ewige Leben schenkt. So sagt und hofft es der Glaube ganz gewiss.
Die Liebe, die uns mit unseren Verstorbenen verbindet, hört nicht einfach auf. Sie bleiben in unseren Herzen und Erinnerungen die geliebten Menschen.
Auch wenn Liebe und Tod stark sind und wir merken, wie stark uns beides bewegt, bleibt die Liebe die stärkere gegenüber dem Tod. Nichts von der Liebe, die Gott seinen Menschen schenkt, nichts von dieser Liebe, die uns unsere Verstorbenen gegeben haben und die wir von ihnen nehmen durften, geht mit dem Tod zu Ende und wird begraben. Vielmehr weist die Liebe den Tod in die Schranken. Der Tod ist etwas Zeitliches. Die Liebe ist ewig. Deswegen kommt der Tod gegen die Liebe nicht an.
Thilo Haak, Pfarrer der Ostergemeinde, Berlin-Wedding
Monatsspruch September 2022 „Gott lieben, das ist die allerschönste Weisheit.“ Sirach 1,10 (L)
Gott lieben? Wie kann das gehen? Einen Menschen zu lieben, das scheint doch viel leichter zu sein. Vielleicht ist er schön, klug, ein Dichter, ein Klavierspieler oder herzensgut. Wie plötzlich Liebe entsteht, bleibt sowie so ein Geheimnis. Aber jemanden zu lieben, der gar nicht da ist zum Anfassen und Umarmen und liebe Worte ins Ohr flüstern?
Zugegeben, das macht die Sache komplizierter. Aber Gott ist da! Nur anders. Ich kann mit ihm Hand in Hand durchs Leben gehen, ohne dass ich seine Finger berühre. Mich berühren seine Worte! Auch das, was ich durch Jesus Christus und sein Leben aus den Evangelien von ihm erfahre. Wie er mit Menschen umgeht, welchen Geist er in unser Herz und unseren Sinn füllen will. Wie sehr er darum wirbt, uns zu gewinnen. Und täglich neu lässt sich erfahren, dass er nahe ist, durch Gottes Geistesgegenwart.
Beim Lausitzkirchentag in Görlitz im Juni stellten sich plötzlich fünf junge Männer an die Rathaustreppe. Sie hielten jeder ein Schild hoch. Zusammen gelesen stand da: „Wenn Sie wissen wollen, was es uns bedeutet, himmlisch begehrt zu sein, dann fragen Sie uns doch mal!“ Jeder erzählte eine andere Begegnungsgeschichte zwischen ihm und Gott. Einer hätte sein Haus verlassen müssen, weil es verkauft werden sollte. Als er schon vergeblich nach Käufern im Freundeskreis gesucht hatte, weil er sonst hätte ausziehen müssen, und aufgab, kam sein Nachbar, der von der Not gehört hatte, und kaufte es. Er durfte mit seiner Familie wohnen bleiben und sie wurden sogar noch gute Freunde. Für den jungen Mann ein Hinweis, dass er „himmlisch begehrt“ ist. Und seine Boten unterwegs sind. Und dafür liebt er Gott.
Sibylle Sterzik, Berlin
Paulus Damaskuserlebnis. Gemälde von Michelangelo. Foto: PD/via Wikimedia
Musterunterbrechung
Predigttext zum 4. September 2022 12. Sonntag nach Trinitatis: Apostelgeschichte 9,1–20
Der Herr sprach zu Hananias: Steh auf und geh in die Straße, die die Gerade heißt, und frage in dem Haus des Judas nach einem Mann mit Namen Saulus von Tarsus. Denn siehe, er betet und hat in einer Erscheinung einen Mann gesehen mit Namen Hananias, der zu ihm hereinkam und ihm die Hände auflegte, dass er wieder sehend werde. Hananias aber antwortete: Herr, ich habe von vielen gehört über diesen Mann, wie viel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem angetan hat.
Apostelgeschichte 9,11–13
Können Menschen sich ändern? Ihre Werte, Grundhaltungen und Reaktionsmuster, ihr Verhalten? Also grundlegend und nicht nur ein bisschen an der Oberfläche. Also nicht „noch mehr desselben“ (Paul Watzlawick), sondern als echte Musterunterbrechung? Wilhelm Busch dichtete pessimistisch: „Die Wohnung schön, die Möbel neu – der alte Lump ist auch dabei.“
Die Bibel nennt Musterunterbrechungen „Umkehr, Buße“. Und erzählt immer wieder davon, wie nötig das ist und wie es immer wieder mal gelingt, dass Menschen sich neu ausrichten. Der Abschnitt aus der Apostelgeschichte ist überschrieben mit „Die Bekehrung des Saulus“, wohl eine der berühmtesten Musterunterbrechungen. Zunächst ist er felsenfest davon überzeugt, genau das Richtige zu tun, wenn er Christen verfolgt, bedroht, inhaftiert. In seinem bisherigen Wertesystem und Weltbild ist das stimmig, ja notwendig.
Wie viele radikalisierte religiöse Gruppen, brutale Terrorzellen, War-Lords und Diktatoren gibt es auch heute, die Verfolgung, Entführung, Folter, Mord als Mittel zu einem Zweck verstehen, den sie für heilig halten. Und wie unsäglich viel Leid wird dadurch über Menschen gebracht! Unsere Friedensgebete richten sich ja immer wieder darauf, dass sie aufwachen und umkehren. Loslassen von ihrem zerstörerischen Denken und Handeln.
Allerdings scheint es so zu sein, dass Menschen sich selbst nicht ändern können und – einmal in solcher Spirale – nicht mehr davon loskommen. Es sei denn, es gibt einen Impuls von außen, der sie mitten ins Herz trifft, der ihr Weltbild fundamental erschüttert. So war das jedenfalls bei Saulus. Die Begegnung mit Jesus Christus haut ihn regelrecht aus dem Sattel. Der Täter wird hilfebedürftig. Vorübergehend wird sein Augenlicht deaktiviert, damit er Zeit und Raum bekommt, mit dem Herzen zu sehen. Ein heftiger Schlag, der ihn aber nicht umbringt, sondern zur Umkehr bringt. Manchmal können fundamentale Erschütterungen ausgesprochen hilfreich sein, wie schmerzlich sie auch sind. Weh dem, der das nie erfahren musste.
Allerdings muss nicht nur Paulus umdenken, sondern auch Hananias, Christ in Damaskus mit einem klaren Bild seines Feindes. Er kriegt zwar keinen Schuss vor den Bug, aber auch einen klaren Hinweis von Gott, dass er sich von diesem Feindbild lösen muss. Feindbilder zu pflegen geht nicht auf dem Weg Jesu. So wird auch er zu einer Musterunterbrechung bereit. Etwas ganz Neues entsteht, was Menschen näher zu Gott bringt und den Frieden fördert. Lasst uns Gott darum bitten, für uns selbst und unsere Feinde.
Pfarrer Gerold Vorländer leitet den Dienstbereich Mission der Berliner Stadtmission
Einer ist verletzt – aber wer hilft? Foto: pixabay
Knallharter Krimi
Predigttext zum 11. September 2022, 13. Sonntag nach Trinitatis: Lukas 10,25-37
Es traf sich aber, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er vorüber. Desgleichen auch ein Levit: Als er zu der Stelle kam und ihn sah, ging er vorüber. Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam dahin; und als er ihn sah, jammerte es ihn; und er ging zu ihm, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie ihm, hob ihn auf sein Tier und brachte ihn in eine Herberge und pflegte ihn.
Lukas 10, 31–34
Ich muss es Ihnen gleich sagen, diese Geschichte könnte sonntags bei Tatort oder Polizeiruf 110 zu sehen sein. Es geht um Raub, schwere Körperverletzung und zweifache unterlassene Hilfeleistung! Im Grunde ist das ein knallharter Krimi.
Ein Mann, nein ein Mensch wird überfallen. Er joggt jeden Tag in diesem Waldstück. An diesem Tag ist alles anders. Plötzlich hört er es knacken und schon wird ihm schwarz vor Augen. Irgendjemand raubt ihn aus. Sparkassenkarte, Geld, alles wird ihm geraubt. Hilflos wird er liegen gelassen. Nur sein Handy bleibt ihm. Als er benebelt aufwacht und sein Handy in seine Hand nimmt, merkt er, ein Funkloch! Er blutet am Kopf, sein rechter Arm schmerzt. Er wird wieder ohnmächtig.
Stundenlang liegt der Mensch so am Wegesrand. Was er nicht bemerkt, Menschen laufen an ihm vorbei. Sehen ihn! Bleiben kurz stehen und rennen weiter! Unterlassene Hilfeleistung! Der Staatsanwalt wird eingehend ermitteln. Gerichtsreporter berichten später tagelang über diesen aufsehenden Prozess in den Zeitungen. Mit spitzer Feder schreiben sie, ein Sonderling hätte den Jogger einen Tag später schwerverwundet gefunden und alles Notwendige sofort veranlasst.
Ein Sonderling! Mehr war nicht zu erfahren. Im Ort machte das Gerücht die Runde, es sei ein Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela gewesen. Andere erzählten, ein Fremder, einer mit einem großen Auto sei es gewesen … Frappierend, keiner der Einheimischen holte sein Handy aus seiner Tasche und setzte wenigstens einen Notruf ab. Die Polizei ermittelte in akribischer Kleinarbeit jeden, der keine Hilfe leistete.
Staunend las eine ältere Staatsanwältin in den Vernehmungsprotokollen: „Schließlich hätte ich mich mit AIDS oder Affenpocken oder Hepatitis anstecken können!“ „Wartet eventuell ein anderer versteckt, um mich ebenfalls auszurauben!“ „Ich nahm an, er sei nur betrunken! Er wird sich wieder aufrappeln!“ Die Ausreden nahmen in den Protokollen kein Ende. Ausreden sind aus schlechtem Holz selbst gezimmerte kleine Brücken, um in ganz bestimmten Lebenslagen an das vermeintlich rettende andere Ufer zu gelangen. Dort wird es schon irgendwie weiter gehen.
Jesus erzählt diesen Krimi einem Menschen, der von Berufs wegen wissen müsste, wie das Leben zu leben ist. Einem ganz Frommen wird der Spiegel vorgehalten mit dem Glaubensgrundsatz jedes Israeliten. Ob er erschrickt, als er von einem Nichtfrommen erfährt, wie denn Nächstenliebe im Alltag gelebt werden soll?
Wer Nichtfromme sind, wissen wir wohl allzu schnell! Leider! Jesus warnt vor der Anwendung solchen Denkens auf andere Menschen. Wer anderen Menschen hilft, ist auf den Lebensspuren von Jesus, dem Heiland! Fachleute im Sinne der Bibel fragen nicht nach der Rettung des eigenen „Ichs“. Sie packen an, retten, helfen, beten für Mitmenschen. So sind diese Bibelgeschichten Geschichten die aus der Zeit fallen und aktuell bleiben. Sie erreichen uns. Sie begleiten uns durch unser Leben! Gott sei Dank dafür!
Albrecht Kalusche ist Mitarbeiter im Gemeindedienst der Evangelisch-methodistischen Kirche Reinsdorf
Wasser besitzt Heilkraft. Foto: pixabay
Danklied der Erlösten
Predigttext zum 18. September 2022 14. Sonntag nach Trinitatis: Jesaja 12,1–6
Zu der Zeit wirst du sagen: Ich danke dir, HERR! Du bist zornig gewesen über mich. Möge dein Zorn sich abkehren, dass du mich tröstest. Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht; denn Gott der HERR ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil. Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Brunnen des Heils. Und ihr werdet sagen zu der Zeit: Danket dem HERRN, rufet an seinen Namen! Machet kund unter den Völkern sein Tun, verkündiget, wie sein Name so hoch ist! Lobsinget dem HERRN, denn er hat sich herrlich bewiesen. Solches sei kund in allen Landen! Jauchze und rühme, die du wohnst auf Zion; denn der Heilige Israels ist groß bei dir!
Jesaja 12,1–6
Unser Predigttext ist die Aufforderung zum Singen, ein Loblied. Ich bin von diesem Text begeistert. Durch und durch positiv, ein Loblied auf Gott und eine Art Animation. Hier werden Menschen zu etwas ermutigt, das mit großen Emotionen zu tun hat: „Lobsinget! heißt es. Jauchzet! Jubelt! Verkündet! Preist den Herrn!“ Starke, dynamische Appelle: lasst eure Freude heraus an Gottes Heilshandeln! Das Lied weist in die Zukunft des Volkes Israel, das schlimme Erfahrungen mit Gottes Zorn gemacht hat. Mitten hinein in Bedrohungen und die Erwartung der kommenden Nöte verheißt der Prophet eine große Wende. Künftiges Heil und ein Heilsbringer werden in den vorausgehenden Kapiteln versprochen. Gott sieht über den Tellerrand der gegenwärtigen Sorgen seines Volkes hinweg auf die kommende Rettung. Sehnsucht und Hoffnung, Dankbarkeit und Gotteslob werden eines Tages wieder übermächtig. Voller Freude verheißt Jesaja, dass sie staunend von dem gleichen Gott sagen werden: „Gott der HERR ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil.“ Ein Lichtblick am Ende des Tunnels. Der deprimierte Blick wird geweitet.
Was ist hier geschehen? Jesaja hatte offenbar die Vision einer großen Veränderung der Notsituation und der Menschen durch eine Art Gesundbrunnen oder Heilquelle. „Ihr werdet Wasser schöpfen aus den Quellen des Heils, der Rettung.“ Heilendes Quellwasser also wird im Überfluss vorhanden sein, um daraus zu schöpfen. Seit Jahrhunderten setzen Menschen ihre Hoffnung auf die Kraft von Heilwässerchen aus bestimmten Mineralquellen. Und, ehrlich gesagt: Träumen wir nicht auch von einer Art Heilquelle für die Katastrophen unserer Erde? Aus Heilquellen zu schöpfen kann doch nur Gutes bedeuten, Gesundheit, Friede, Freude, Frische und Lebendigkeit. So ist Gottes Seelsorge.
Woher beziehen diese Wasserquellen, von denen der Prophet spricht, ihre Heilkraft? Wenn Gott selbst die Quelle des Lebens und des Heils, der Rettung ist, wie auch die Psalmbeter glaubten, dann haben wir mehr als eine gewöhnliche Wasserquelle, die kurzzeitig den Durst löscht. Jesus erklärte es am Jakobsbrunnen der Samariterin so: „Das Wasser, das ich geben werde, wird in dir eine Wasserquelle werden, die ins ewige Leben quillt.“ Bei unseren jüdischen Geschwistern hatte fließendes, „lebendiges Wasser“ immer schon eine größere theologische Bedeutung als abgestandenes Brunnenwasser. Es ist ein Bild für die Reinheit der innigen Beziehung zu Gott und seinem Wort. Das ist Jubel und Lobgesang wert! Und Vertrauen.
Wolfgang Wendt, Prädikant in Berlin-Buch und Berlin-Karow
I
Einer trage des anderen Last. Foto: pixabay
Einander tragen
Predigttext zum 25. September 2022 15. Sonntag nach Trinitatis: Galater 5,25–6,10
Einer trage des Anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Denn wenn jemand meint, er sei etwas, obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst. Ein jeder aber prüfe sein eigenes Werk; und dann wird er seinen Ruhm bei sich selbst haben und nicht gegenüber einem andern.
Galater 6,2-4
Einer der bekanntesten Sätze der Bibel heißt: „Einer trage des Andern Last.“ Sogar als Titel eines DEFA-Films ist er Ende der 1980er Jahre in die Kinos gekommen und hat eine sehr positive Aufnahme bei den Zuschauenden gefunden. Unlängst konnte ich ihn wieder sehen. Der Film hat mich wieder gepackt. In ihm geht es um die weltanschauliche Toleranz zwischen Christen und Atheisten als Voraussetzung einer lebensfähigen Gesellschaft. Während die beiden Kontrahenten, ein Vikar und ein Volkspolizist, ihren ideologischen Kleinkrieg führten, hatten sie Wichtiges aus dem Blickfeld verloren: die Last des Anderen mitzutragen. Sie erkennen aber, dass wir Menschen mit dem Leben der anderen Zeitgenossen verflochten und auf sie bezogen sind, ohne dass man sich in allen Dingen und Meinungen vollkommen verstehen muss.
Das Wort aus dem Galater-Brief des Paulus ist eines, das Christen und Nicht-Christen anspricht. Mit ihm kann ein Netz entstehen, in dem sich Menschen gegenseitig Halt geben und miteinander für andere stark machen können. Manchmal geschieht das unscheinbar oder gar unsichtbar, manchmal auch ganz offensichtlich, sogar laut und deutlich. Unsere bekanntlich so schwierige Zeit braucht solche Menschen.
Einander tragen heißt aber auch, die Last des Versagens zu tragen. Wir machen Fehler. Da ist es gut, wenn wir sie einander eingestehen und verzeihen, denn auch das heißt mit tragen. Keiner soll dem andern seine Fehler, seine Unzulänglichkeiten, seine Schwachheiten wie einen nassen Lappen ins Gesicht schleudern. „Alle eure Dinge lasst in Liebe geschehen.“ Auch dieses Wort stammt von Paulus. Und der Apostel schreibt weiter: „So werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Gilt für uns doch ein Gesetz? Ich glaube schon. Nämlich das Gesetz der Liebe. In dem Galater-Brief heißt es: Und diese Liebe besteht nicht nur in frommen Worten und schönen Sprüchen, diese Liebe packt zu, wo es notwendig ist. „Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort erfüllt (3. Mose 19,18): ,Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!‘“
Im Galater-Brief ist auch zu lesen: „Jeder prüfe sein eigenes Werk, und dann wird er für sich selbst den Ruhm haben und nicht für einen anderen; denn jeder Einzelne wird seine eigene Bürde zu tragen haben.“ Das ist ebenfalls eine Wahrheit, die wir realisieren müssen: Wir sind nicht nur darauf angewiesen, dass andere uns mitteilen, was wir gut oder schlecht gemacht haben. Wir sind in der Lage, uns selbst zu prüfen.
Es geht hier nicht nur um Ratschläge für das Gelingen einer Gemeinschaft. Hier geht es auch darum, miteinander in dem Bewusstsein zu leben, dass alle den Geist Gottes verheißen bekommen haben. Im Alltag mag er nicht immer automatisch spürbar sein. Doch es wird uns ein Weg gegeben, den Geist für andere sichtbar zu machen, durch ein gelingendes Miteinander.
„Das Beste im Briefkasten“ 125 Jahre Frohe Botschaft Walter Ränker und Karl-Hans Barth schreiben, warum sie die Frohe Botschaft gern lesen. Leserinnen und Leser
Neue Serie: Menschen Der Engel von Kalkutta Vor 25 Jahren starb Mutter Teresa. Von Hans-Jürgen Grundmann, Berlin
Mutter Teresa 1986 in Bonn. Foto wikimedia commons
Nie wieder Krieg
Ein Fahrrad konnte er sich erst von einem Konfirmationsgeld leisten. Foto: pixabay
Zum Antikriegstag am 1. September: Erinnerungen an das Kriegsende 1945. Von Hans-Jürgen Stegmann, Rostock
Erinnerungen an das 110. Jubiläum
Von links nach rechts: Der damalige Ministerpräsident des Landes Brandenburg und unermüdlicher Förderer der Frohen Botschaft, Manfred Stolpe, der ehemalige Generalsuperintendent des Sprengels Görlitz, Hans-Wilhelm Pietz, der frühere Vorstand des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg, Thomas Dane, und der ehemalige Schriftleiter Edgar Schwarz. Foto Archiv
Historische Aufnahme mit Ministerpräsident a.D. Manfred Stolpe in der Stephanus-Stiftung
Lebensfragen Was kann ich als älterer Menschen den jungen Menschen mit auf den Weg geben? Es antwortet: Generalsuperintendent Martin-Michael Passauer, Berlin
Wir bitten, Herr, gib Frieden,
schenke den Regierenden Verstand,
um dem sinnlosen Sterben ein Ende zu machen.
Wir bitten, Herr, gib Frieden,
sei bei den Trauernden,
die Söhne und Väter verloren haben.
Wir bitten, Herr, gib Frieden,
gibt uns ein Herz der Nächstenliebe,
um zu helfen, wo es uns möglich ist.
Wir bitten, Herr, gib Frieden,
du bist der Friedefürst, der die Welt erhält,
sende deinen Frieden in die Welt,
dass die Kriege ein Ende finden.
Amen
Danke, dass du mich annimmst – obwohl ich so unvollkommen bin.
Danke, dass du mir vergibst – obwohl ich meine Fehler wiederhole.
Danke, dass du mich liebst – obwohl du mich kennst.
Stärke mich dabei, meine Dankbarkeit nicht nur zu empfinden, sondern auch zu leben. Lehre und beflügle mich, die Güte, die ich von dir erfahre, weiterzugeben, ohne dafür einen Dank zu erwarten.
„Das Beste im Briefkasten“ 125 Jahre Frohe Botschaft Monika Ehrlich, Ursula Barthel und Dr. Günter Lummitsch schreiben, was ihnen an der Frohen Botschaft wichtig ist, die sie seit Jahren lesen. Leserinnen und Leser
Neue Serie: Menschen Sie kämpfte für den Glauben und die Rechte der Frauen Vor 80 Jahren starb Edith Stein im Konzentrationslager. Von Hans-Jürgen Grundmann, Berlin
Porträt von Edith Stein als Studentin in Breslau, um 1914 (kleines Bild). wikipedia commons
Ein Nachruf
Pfarrer Eckart Wragge (1942–2022) starb im Alter von 80 Jahren. Viele Predigten schrieb er für die Frohe Botschaft. Foto: privat
Zugewandter Familienpfarrer Zehlendorf und die Frohe Botschaft trauern um Pfarrer „Ecki“ Wragge Von Pfarrer in Ruhe Kurt Kreibohm, Berlin
Der Alptraum muss enden
Krystian Cholewa beschäftigt sich mit dem Schreiben von Artikeln über die Situation von Menschen mit Behinderung. Das ist ihm auch in der Ukraine wichtig. Foto: pixabay/privat
Krystiam Cholewa (35) lebt mit einer Beeinträchtigung. Ihn beschäftigt sehr, was in der Ukraine passiert. Dazu hat er seine Gedanken aufgeschrieben.
Lebensfragen Lohnt es sich, mit 92 Jahren noch einmal umzuziehen? Es antwortet: Generalsuperintendent Hans-Ulrich Schulz, Potsdam
Ein Baum wächst sein gesamtes Leben. Foto: pixabay
Monatsspruch August 2022
„Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN, denn er kommt, um die Erde zu richten.“
1. Chronik 16,33 (E)
Große freudige Ereignisse sollten immer mit Jubel verbunden sein. Das große Ereignis, auf das der Monatsspruch uns weist, ist der Einzug der Bundeslade nach Jerusalem. König David ist die Rückkehr der Lade zu verdanken. Das Erste Buch der Chronik setzt ein Danklied Davids in diesen Zusammenhang. Jubeln sollen nicht nur die Menschen zur Ehre Gottes, die ganze Schöpfung wird miteinbezogen in den großen Lobpreis: Das Meer brause, das Feld sei fröhlich und die Bäume sollen jauchzen.
Ein wenig neidisch höre ich diese Worte. Wir haben es ja nicht so mit dem Jubeln. Das höchste Berliner Lob heißt bekanntlich „Da kann man nicht meckern!“ Auch sprühen unsere Gottesdienste nicht gerade vor Freude. Wenn wir die schönen Loblieder singen, dann meist verhalten. Ganz anders Davids Danklied. Es heißt sogar, der König habe getanzt, als er die Lade nach langer Zeit ihres Aufenthaltes im Feindesland endlich nach Jerusalem bringen konnte.
Warum tun wir uns so schwer, unsere Freude über Gott zum Ausdruck zu bringen? Ich weiß es nicht, aber ich wünschte es mir anders. Gottesdienste mit einer Freude zu feiern, dass sich die Balken biegen, die Wände wackeln und der Boden bebt, möchte ich einmal erleben. Denn dass wir einen Gott haben, der uns liebt, der uns durchs Leben trägt und jeden Tag aufs Neue beschenkt, das sollte doch allemal ein Anlass zum Jubel sein. So wie einst die Bundeslade nach Jerusalem einkehrte, so kehrt jeden Tag bei uns die Freude über Gott ein. Darum lasst uns jubeln und fröhlich sein.
Pfarrer Thilo Haak, Berlin
„Laib und Seele“ – Lebensmittelspenden für Menschen in Not. Foto: pixabay
Der letzte Groschen
Predigttext zum 7. August 2022 8. Sonntag nach Trinitatis: Markus 12,41–44
Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. Denn sie haben alle etwas von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.
Markus 12,43+44
War das klug? Wie konnte sie nur? Die Hälfte hätte doch auch gereicht! Nein, es musste der gesamte Inhalt ihrer Geldbörse sein. Wovon will sie nun alles Lebensnotwendige bezahlen?
In Deutschland zählen über dreizehn Millionen Alleinstehende zu den Einkommensarmen. Die Pandemie, die Inflation, der Krieg in der Ukraine sorgen dafür, dass sie sowie Hartz-IV-Empfänger mit ihrem Einkommen nicht mehr auskommen.
Die staatlichen Finanzhilfen orientieren sich von Beginn an nicht an dem, was die Menschen brauchen. Die Tafeln, die mit der günstigen Abgabe von „unverkäuflichen“ Lebensmitteln hier einsprangen, erhalten zum einen weniger Spenden, kämpfen mit höheren Betriebskosten für Strom und Benzin. Zum anderen ist aber die Zahl der Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, erheblich gestiegen. Wir haben es mit einer wachsenden Armut zu tun, die auch auf Menschen der Mittelschicht übergreift.
Die Witwe tut etwas nach ökonomischen Maßstäben Unvernünftiges – und das unter den Augen Jesu, der im Übrigen nicht mit ihr direkt in Kontakt tritt. Er sitzt neben dem Opferkasten und hindert sie nicht daran, den gesamten Inhalt ihrer Geldbörse in den Opferkasten zu leeren. Den Jüngern gegenüber macht er sie sogar zum Vorbild. Für die Witwe scheint es keine andere Möglichkeit zu geben, ihre Dankbarkeit für Gottes Nähe und Begleitung in ihrem Leben zu zeigen. Zugleich muss ihr Vertrauen zu Gott grenzenlos sein, dass sie schon über die Runden kommen, nicht verhungern wird.
Kleine Renten, Hartz IV reichen nicht aus, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben – nicht für gesunde Ernährung, nicht mal für den Kinobesuch. Die Geldbörse am Sonntag in den Kollektenkorb zu leeren, so wie die Witwe es getan hat, ist unvernünftig – wahrscheinlich heute noch unvernünftiger als zur Zeit Jesu.
Und dennoch: die Witwe provoziert uns dazu, die Welt eben auch anders wahrzunehmen, in unseren Augen Unmögliches für möglich zu halten. Haben wir die Hoffnung aufgegeben, dass die Welt besser werden könnte, die Güter unserer Erde gerechter verteilt, kein Mensch mehr hungern, an Unterernährung sterben muss? Wir leben in einer Zeit, in der uns der Glaube an die Verheißungen Gottes verloren zu gehen droht.
Indem die Witwe ihre letzten Groschen in den Opferstock legt, ermutigt, ja mahnt sie uns, die Hoffnung nicht aufzugeben, dass Gottes Wollen für unsere Welt, Nächstenliebe, Menschenliebe überhaupt, sich eines Tages durchsetzen werden.
Kirchenrätin Susanne Kahl-Passoth, Pfarrerin im Ruhestand, Berlin
Christus und die Ehebrecherin, Gemälde von Giovanni Francesco Barbieri, besser bekannt als Guercino, um 1621 (Dulwich Picture Gallery). Foto: unbekannt, PD, gemeinfrei, wikimedia commons
Eine Gabe ist Geschenk und Verpflichtung zu gleich, auch mit Geld kann man Gutes tun. Foto: pixabay
Der Zauberpfennig
Predigttext zum 14. August 2022, 9. Sonntag nach Trinitatis: Matthäus 25,14-30
Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du guter und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude! … Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.
Matthäus 25,21+29
Wer möchte nicht gerne Erfolg haben?! Aber welches ist der richtige Weg dahin? Jesus sagt in seinem Gleichnis „Von den anvertrauten Talenten“ (Matthäus 25,14–30): Jedem Menschen hat Gott Gaben gegeben, Talente geschenkt. Es kommt nur darauf an, sie zu entdecken und verantwortlich mit ihnen umzugehen.
Ein einfacher Müllmann erhält das Bundesverdienstkreuz dafür, dass er Jahrzehnte lang zerbrochene und in den Müll geworfene Spielsachen aussortiert und abends liebevoll instandgesetzt hat, um sie dann an bedürftige Kinder zu verschenken. Statt seinen dreckigen Berufsalltag zu beklagen und seine einsamen Abende bei Bier und Fernsehen zu verbringen, tut er das Schönste, wozu Menschen überhaupt auf der Welt sind: Er macht kaputte Dinge heil und Not leidenden Menschen eine Freude. Viele Menschen haben in unserem Land geflüchteten Erwachsenen und ihren Kindern aus der Ukraine geholfen. Dabei konnten sie die Erfahrung machen: Es ist nicht nur ein Geben, sondern auch ein Nehmen.
„Love is something if you give it away, you end up having more. It’s just like a magic penny.“ Das heißt auf Deutsch: „Liebe ist etwas Eigenartiges: Wenn du sie weitergibst, hast du am Ende mehr davon. Liebe ist ein Zauberpfennig.“ Dieses Lied stammt aus einem Buch mit neuen Liedern (Martin Gotthard Schneider: Sieben Leben möchte ich haben. Verlag Ernst Kaufmann Lahr 1975). Im Evangelium zum heutigen Sonntag erzählt Jesus in seinem Gleichnis von einem solchen Zauberpfennig. Er lehrt seine Jünger, worauf es im Leben ankommt, wenn man es von seinem Ende her betrachtet und nicht von den aktuellen Bedürfnissen und Ideen des Menschen, die bekanntlich unbeständig sind wie der Wind.
Den drei Knechten wird ein sehr großes Vermögen anvertraut. Es sind 288 Kilogramm Silber; denn ein Zentner Silbermünzen wiegt etwa 36 Kilogramm. Was sollen die Knechte damit anfangen? Jesus erklärt in seinem Gleichnis, weshalb er sein Vermögen so ungleichmäßig verteilt: Er gibt jedem Knecht nach seinen Kräften und nach seiner Tüchtigkeit. Diese Art der Verteilung ist also nicht ungerecht, sondern fürsorglich; denn niemand soll über seine Gebühr belastet werden.
Man kann dies als Hinweis auf die vielerlei Gaben Gottes verstehen, die Menschen zuteil werden. Wir sind nicht alle gleich begabt und gleich belastbar. In unserer Zeit der Gleichmacherei fühlen sich mache überfordert und abgehängt. Ein Blick in die Natur zeigt uns, wie mannigfaltig die Tier- und Pflanzenwelt in ihren Erscheinungen und Kräften ist. Christlich gedacht heißt es, die Mannigfaltigkeit auch in der Menschenwelt anzuerkennen. Der Apostel Paulus sieht diese Mannigfaltigkeit auch in der Gemeinde Jesu Christi, wenn er den Römern schreibt: „Wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, so sind wir viele ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied, und haben verschiedene Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist“ (Römer 12,4–6).
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Entdecken Ihrer Gaben. Und Kraft und Freude bei allem Einsatz. Gott segne Sie!
Günter Dimmler, Pfarrer im Ruhestand in Königssee/Thüringen
Moses und die Gesetzestafeln Rembrandt van Rijn, 1659. Foto: wikipedia
Ein starkes Band
Predigttext zum 21. August 2022 10. Sonntag nach Trinitatis: Matthäus 5,17–20
Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen. Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht. Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich. Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.
Matthäus 5,17–20
Wer von den Jüngerinnen und Jüngern zu Jesus Zeiten glaubte, er werde das Gesetz oder die Propheten auflösen, hatte sich getäuscht. Jesus muss wohl solche Erwartungen gespürt haben, denn er stellt klar: „Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht.“ Jesus spricht hier zu seinem Jüngerkreis, aber es geht zunächst darum, wie er seine eigene Sendung versteht. Er ist Jude, beschnitten wie alle jüdische Knaben, dem Gesetz des Mose verpflichtet. Dessen Gültigkeit hebt er nicht auf. Im Gegenteil: Ganz klar widerspricht er dem Ansinnen, dass er gekommen sei, Tora und Propheten abzuschaffen.
Jesus kam, um das Gesetz zu erfüllen. Und während er predigte, zeigte er Juden und Nichtjuden, wie das geht. Er predigte die „bessere Gerechtigkeit“, Gnade vor Recht. Davon redete er selbst nicht nur. Er lebt die „bessere Gerechtigkeit“. Beim Essen mit den Zöllnern, beim Schutz der Ehebrecherin, bei der Samariterin am Brunnen und so viel mehr. Und er zeigte seinen Glaubensgeschwistern noch etwas: „Es gibt eine bessere Gerechtigkeit als jene derer, die schon unseren Respekt verdienen, weil sie leidenschaftlich Gott und sein Gebot höher achten als alles sonst – der
Pharisäer.“ So beschreibt es die Theologin Christina Maria Bammel 2013 in einer Predigt zu diesem Bibeltext. „Man kann die Gesetze kennen und dennoch die Gerechtigkeit verfehlen.“
Um das Verhältnis von Christen und Juden geht es an diesem 10. Sonntag nach Trinitatis, der deshalb auch Israelsonntag genannt wird. Antisemitismus und Hass haben viel Leid über jüdische Menschen gebracht. Dem hat die christliche Kirche nicht laut und vernehmlich und schützend widersprochen. Der Völkermord an den Jüdinnen und Juden lastet deshalb auch auf uns Christinnen und Christen. Es ist immer wieder ein Wunder, dass Juden und Christen dennoch heute miteinander danach fragen, wie wir unseren Glauben in den Herausforderungen dieser Zeit leben können.
Zunächst einmal dadurch, dass wir einander mit Achtung begegnen. Das Volk Israel bleibt Gottes erwähltes Volk. Durch den Juden Jesus sind Christen in diesen Bund mit hineingenommen. Gottes Gebot, wie es am Sinai offenbart wurde, ist für Juden und für Christen die Orientierung für das Leben. Ein starkes Band der Gemeinsamkeit! Einen neuen Bund, so weissagt es der Prophet Jeremia, will Gott in die Herzen schreiben, um sie zu verwandeln (31,31–34), sodass Menschen ihm freiwillig nachfolgen. Gott „schreibt“, indem er unser Innerstes berührt und verwandelt. Gott „schreibt“, indem er Jesus sendet und seinen Geist. Mit dieser Aussicht, lässt sich das Gebot Gottes getrost praktisch leben.
Sibylle Sterzik, Berlin
I
David sah Batseba, die Frau des Urias. Er befahl sie zu sich und ließ Uria umbringen. Jan Massys: David und Bathseba, Öl auf Leinwand (1562). Foto: Henry Townsend, CCO, wikimedia commons
Kein Herausreden
Predigttext zum 28. August 2022 11. Sonntag nach Trinitatis: 2. Samuel 12,1-10.13-15a
Da geriet David in großen Zorn über den Mann und sprach zu Nathan: So wahr der HERR lebt: der Mann ist ein Kind des Todes, der das getan hat! Dazu soll er das Schaf vierfach bezahlen, weil er das getan und sein eigenes geschont hat. Da sprach Nathan zu David: Du bist der Mann! Warum hast du denn das Wort des HERRN verachtet, dass du getan hast, was ihm missfiel? Uria, den Hetiter, hast du erschlagen mit dem Schwert, seine Frau hast du dir zur Frau genommen, ihn aber hast du umgebracht durchs Schwert der Ammoniter.
2. Samuel 12,5.6.9
„Was der Welt am meisten fehlt, sind Menschen, die sich mit den Nöten anderer beschäftigen“, schrieb der Theologe und Arzt im zentralafrikanischen Spital Lambarene, Albert Schweitzer (1875–1965).
Unrecht ist geschehen. Und großes Leid wurde verursacht. Als Außenstehender könnte man wegschauen. Wegschauen und schweigen, denn was geht es mich an? Nicht so dieser Eine. Schuld muss benannt werden! Erst recht, wenn sie unschuldiges Menschenleben kostete. Aber wie spricht man Schuld an? Wie bringt man einen anderen dazu, seine Schuld einzugestehen? Schuldzuweisungen sind leicht. Und bei anderen Schuld zu erkennen und als solche zu benennen, erst recht.
So kommt dieser Eine nicht mit Vorwürfen, sondern mit einer Geschichte. Geschichten berühren. Und sie helfen, die Perspektive zu wechseln. Der andere steigt mit ein, hört geduldig zu – und ist entsetzt von der Grausamkeit des Reichen. Und dann kommt der entscheidende Satz. Was ist, wenn die Schuld, die ich bei anderen so einfach und klar benennen konnte, plötzlich die eigene ist: „Du bist der Mann!“ Nicht irgendein anderer, ich selbst bin es. – „Herr, bin ich’s?“ werden die Jünger später fragen. In uns allen steckt das Potenzial zum Bösen.
Was auf die Schuldzuweisung folgt, ist eines wahren Königs würdig: kein Herausreden, keine Bagatellisierung, keine Selbstrechtfertigung. Dafür ein schlichtes Bekenntnis: Ja, ich bin schuldig geworden. Es war meine Entscheidung, durch die das Böse geschah. Die Sünde vor Gott realisiert sich auch in der Beziehung zu unseren Mitmenschen.
Mich berührt diese Perikope, gerade in diesen Tagen, in denen im Zuge des Krieges Frauen wieder schutzlos Gewalttaten ausgesetzt sind. Und auch ohne Krieg wissen wir vor allem seit der Kampagne „#metoo“, wie sehr sexuelle Übergriffe und Gewalt den weiblichen Alltag bestimmen können. Und die meisten von ihnen bleiben unentdeckt, aus Ohnmacht oder Angst. Auch Batseba kam während all der Ereignisse, die ihr Leben so hart veränderten, fast gar nicht zu Wort. Umso mehr braucht es Fürsprecher und Verteidiger. Menschen, die die Not eines anderen zur eigenen machen und aktiv werden, in Wort und Tat.
Davids Reaktion ist geradezu paradigmatisch. Und doch zeigt sie, dass selbst göttliche Vergebung das Vergangene nicht ungeschehen macht und auch die Folgen nicht verhindert. Sie hilft aber neu anzufangen. David bekommt bei dem, was er nun tut, Gott wieder in den Blick. Und er sieht jetzt auch Batseba und ihre Situation. Das Wort des HERRN zu achten, ist und bleibt unser aller Aufgabe, ob betroffen oder außenstehend.
Franziska Roeber, Pfarrerin im Evangelischen Kirchenkreis Lichtenberg-Oberspree
Jeder Tag, der mit dem Sonnenaufgang beginnt, ist kostbar. Foto: pixabay
Monatsspruch Juli 2022
„Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott.“
Psalm 42,3 (L=E)
Ein Gebetsruf aus den Psalmen, dem Gebetsbuch der Bibel, für mich eine Morgen-Bitte: Hier bin ich und ich rufe zu dir, mein Herr und mein Gott: Du bist ein lebendiger Gott! Du kennst meinen Leib, meine Seele und meinen Geist. Du weißt um meine Anspannung, das Richtige zu tun und zu sagen. Meine Gefühle vertrocknen, vor dir kann ich meine Lustlosigkeit, meine Angst vor jedem neuen Tag, nicht verstecken. Stille meinen Durst nach neuem Leben, erfülle mich mit deiner Kraft.
Ich schreie meine Bitten gerade jetzt anlässlich des Ukraine-Krieges, aber auch der weltweiten Katastrophen und Hungersnöte in Friedensgebeten zu Gott! Gott ist lebendig! Er hört zu seiner Zeit. Wenn ich mich von ihm gehört fühle, beginnt für mich eine neue Zeit: Ich werde berührt von seinem Frieden und lebe in Versöhnung! Ich erkenne die vielen Hände, die in Gemeinschaft verbunden sind. Ich lebe im heute! Ich kann neu hoffen und sehe Aufgaben für mich. Ich freue mich auf mein Leben und bin neugierig auf jede Begegnung!
Mein Tag, der mit dem Sonnenaufgang beginnt und mit dem Vogelgesang am Abend endet, ist wertvoll. Ich danke mit dem Psalmbeter Psalm 42,9: „Am Tage sendest du, Herr deine Güte, und des Nachts singe ich dir und bete zu dem Gott meines Lebens.“ Deine Schöpfung „dürstet“ nach Erlösung. Herr, erbarme dich. Du bist ein lebendiger Gott.
Rosemarie Reuter, Berlin
Die Verbindung mit Gott erneuern. Foto: pixabay
Umkehr zur Lebensfreude
Predigttext zum 3. Juli 2022 3. Sonntag nach Trinitatis: Hesekiel 18,1-4.21-24.30-32
Wenn aber der Ungerechte sich abkehrt von all seinen Sünden, die er begangen hat, und alle meine Satzungen – spricht der Herr – hält und nach Recht und Gerechtigkeit handelt, wird er am Leben bleiben, er muss nicht sterben.
Hesekiel 18,21
Zu Beginn des Textes weist der Prophet ein Sprichwort zurück: „Die Vorfahren essen unreife Früchte, den Kindern aber werden die Zähne stumpf.“ Dazu sagt nach Vers 3 der Herr: „Diese Redensart werdet ihr nicht mehr verwenden in Israel“, und begründet: „Seht, alle Menschenleben gehören mir! Das Leben des Vaters wie das Leben des Sohns. Derjenige, der sündigt, muss sterben!“
Doch dann Vers 21: „Wenn aber der Ungerechte sich a b w e n d e t von all seinen Sünden, die er begangen hat, und alle meine Satzungen hält und nach Recht und Gerechtigkeit handelt, wird er am Leben bleiben.“ Dieser Grundsatz wird in Vers 27f. wiederholt.
In Vers 31 heißt es: „Werft all eure Vergehen von euch, mit denen ihr euch vergangen habt, und schafft euch ein neues Herz und einen neuen Geist! Warum denn wollt ihr sterben, Haus Israel? Ich habe keinen Gefallen am Tod dessen, der sterben muss! Spruch Gottes des Herrn: Kehrt um und bleibt am Leben!“ Ein Leben ohne Umkehr ist mithin ein Sein zum Tode.
Gott ist die Macht des Lebens – und Wächter über dessen Integrität. So heißt es: „Das Leben dessen, der sündigt, wird sterben.“ Doch er sagt auch: „Ich habe keinen Gefallen am Tod dessen, der sterben muss.“ Von hier zu den beiden Imperativen, mit denen der Text schließt: „Kehrt um und lebt!“
Es gehört zum Leben, dass man sich daran freut. Und unsere Lebensfreude wird gesteigert, wenn sie in dem Lebewesen, das uns begegnet, ihr Gleiches findet. So kommen wir auch Gott näher – seiner Freude an dem Leben, das er geschaffen hat.
Doch es kann auch dazu kommen, dass ein Mensch in seinem Mitmenschen keine Bestätigung des eigenen Lebens empfindet, sondern die Gefahr von dessen Verringerung. Es gelingt ihm nicht, den Anblick des Fremden mit der Empfindung Gottes, des Ursprungs und Elements des Lebens aller, zu verbinden. Dann erkennt Gott, dass er geleugnet wird und dass dieser Mensch begonnen hat, sich von seiner eigenen Lebensfreude zu trennen. Daran hat der Herr kein Gefallen.
Somit zu Vers 21 – dem sachlichen Zentrum des Textes: „Wenn aber der Ungerechte sich abkehrt von all seinen Sünden, die er begangen hat, und alle meine Satzungen – spricht der Herr – hält und nach Recht und Gerechtigkeit handelt, wird er am Leben bleiben, er muss nicht sterben.“ Wir sehen: Die Sache unseres Textes ist die U m k e h r zur Lebensfreude, die Erneuerung der geistigen und emotionalen Verbindung mit Gott, dem Schöpfer und Erhalter unseres Lebens und unserer Welt.
Dr. Lorenz Wilkens, Pfarrer im Ruhestand, Berlin
Christus und die Ehebrecherin, Gemälde von Giovanni Francesco Barbieri, besser bekannt als Guercino, um 1621 (Dulwich Picture Gallery). Foto: unbekannt, PD, gemeinfrei, wikimedia commons
Recht muss doch Recht bleiben, oder?
Predigttext zum 10. Juli 2022, 4. Sonntag nach Trinitatis: Johannes 8,3–11
Mose hat uns im Gesetz geboten, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du? Als sie ihn nun beharrlich so fragten, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.
Johannes 8,5+7
Ist das denn gerecht, was Jesus tut? Hatte diese Frau nicht wirklich den Tod verdient? Moses Gesetz war eindeutig, aber warum haben die Schriftgelehrten und Pharisäer nicht auch den Mann dazu in die Öffentlichkeit gezerrt?
Der Evangelist Johannes bringt es auf den Punkt: Es geht den Gegnern Jesu weder um das Gesetz noch um Gerechtigkeit. Es geht darum, Jesus eine Falle zu stellen. Jesus, dieser Zimmermann, der als großer Lehrer auftritt, – jetzt endlich können sie ihm die ultimative Fangfrage stellen! Würde er es etwa wagen, sich gegen das Gesetz Moses zu stellen? Andererseits – konnte er es sich leisten, entgegen seiner Lehre von Liebe und Vergebung zu handeln? Aus der Sicht der geistlichen Führer war dies eine geniale Zwickmühle. Jetzt endlich würden sie ihn als Heuchler entlarven, und – sozusagen als Zugabe, – könnten sie die Ehebrecherin öffentlich steinigen und somit ihre eigene geistliche Führungsposition stärken!
Doch ihre Rechnung geht nicht auf! Wie sehr diese eifrigen Gesetzeshüter Jesus auch drängen, er scheint nicht reagieren zu wollen. Hält er sich etwa für wichtiger als Mose? Sie übersehen völlig, dass Mose nur der Überbringer und Gott selbst der Gesetzgeber ist. Sie begreifen nicht, dass Jesus, als Sohn Gottes und quasi Co-Autor des Gesetzes ihnen gerade demonstriert, wozu es tatsächlich gegeben wurde: um Sünder zu überführen und auf Gott hinzuweisen. Genau das tut Jesus.
Vor ihren Augen überführt er die Sünder. Alle. Die Schriftgelehrten sehen nur die offensichtliche Sünde dieser Frau: auf frischer Tat ertappt beim Ehebruch! Jesus aber sieht die verborgene Sünde in ihren Herzen: auf frischer Tat ertappt bei Herzlosigkeit, Hinterlist, Selbstgerechtigkeit!
„Wer ohne Sünde ist …“ – das spricht von einer völlig neuen Weise, das Gesetz zu verstehen und anzuwenden. Jesus spricht davon, Sünde zuerst bei sich selbst zu suchen, bevor man über andere urteilt. Jesu Worte bringen zum Nachdenken, hoffentlich auch zur Einsicht, zur Ehrlichkeit, ja, am besten zur Buße! Jedem, der es verstehen will, sagt er: Nur wer ohne Sünde ist, kann Sünder richten. Denn – wer nicht ohne Sünde ist, ist ein Sünder, genauso wie diese Ehebrecherin!
Langsam lehrt sich der Platz. Alle gehen. Zum Schluss steht die Frau allein vor Jesus, vor dem wirklich einzigen, der ohne Sünde ist. Aber er,
der das Recht dazu hätte, will nicht verdammen, sondern von Sünde befreien. Er lässt sie gehen, ohne Strafe, aber mit klarer Anweisung. Voller Barmherzigkeit lässt er Gnade vor Recht ergehen!
Ursula Hecht, Diakonin in CrossWay, International Baptist Church e.V., Berlin
Abrams Zug nach Kanaan
Predigttext zum 17. Juli 2022 5. Sonntag nach Trinitatis: 1. Mose 12,1–4a
Und der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden. Da zog Abram aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte, und Lot zog mit ihm.
1. Mose 12,1–4a
Der Predigttext führt uns weit in die Geschichte unseres Glaubens zurück. Er steht am Anfang der Vätergeschichten der Hebräischen Bibel. Es ist die Erzählung von der Berufung des Abraham, der zu dieser Zeit noch Abram hieß. Es ist eine Geschichte, die vom Glauben, dem Segen Gottes und seinen Wirkungen erzählt.
Gott ruft Abram heraus. Ruft ihn in das Unbekannte. Ruft ihn auf, sich einzulassen auf das Abenteuer des Glaubens. Beruft ihn unter dem Zuspruch seines Segens. Gott wird Abram neue Heimat geben und Gott wird eine große Geschichte mit Abram machen.
Abram lässt alles los, was ihm vertraut war:
Die ihm bekannten Weidegründe für seine Herde, den Kulturraum, in dem er sich auskannte, den Bezug zur Familie und Verwandtschaft. Gott weiß um die Schwere seiner Aufforderung an Abram, sonst wären diese drei Größen nicht erwähnt. Aber der Trennung steht ein großes Versprechen gegenüber: „Geh in ein Land, das ich dir zeigen will.“
Der Bericht von der Berufung Abrams ist der Anfang der Geschichte des Volkes Israel, ist der Anfang der Geschichte und der Geschichten von Isaak und Jakob, von Josef und seinen Brüdern, vom Großwerden des Volkes Israel in Ägypten, von der Unterdrückung dort und der Befreiung des Volkes unter Leitung von Mose zurück in das verheißene Land Abrahams.
Die große und großartige Geschichte beginnt mit dem schlichten Wort an Abram: „Geh!“ Und Abram geht: „Da zog Abram aus, wie der Herr zu ihm gesagt hatte.“ Kein Widerspruch, kein Zweifel, kein Einwand. Abram vertraut Gott. Doch zwischen dem ersten und dem letzten Satz der Geschichte steht etwas ganz Entscheidendes, nämlich die Verheißung des Segens Gottes. Nicht weniger als fünf Mal in nur zwei Sätzen verspricht Gott dem Abram Segen. Und dieser Segen wird Folgen haben für Abram. Sein Name wird groß werden und aus seinem Stamm wird ein großes Volk hervor gehen.
Jede kirchliche Begleitung von Übergängen im Leben eines Menschen wird durch den Zuspruch des Segens begleitet. Am Ende jeder unserer Gottesdienste wiederholt sich die Zusage des Segens Gottes: „Der Herr segne dich und er behüte dich, der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig, der Herr erhebe sein Angesicht über dir und gebe dir Frieden.“
Ich weiß, wie wichtig den Menschen der Zuspruch des Segens Gottes ist. Im Zuspruch und Entgegennehmen des Segens Gottes erfährt das glaubende Herz Bestätigung, auf dem richtigen Weg zu sein. Ich spüre deutlich, wie ich aus der Kraft des Segens Gottes lebe. Dabei ist der Segen nichts Magisches oder eine Zauberei. Er ist eine Kraft, von der Leben und Gutes ausgeht. Menschen, auf denen der Segen Gottes ruht, sind ausgestattet mit dieser Kraft, so wie Abram.
Thilo Haak, Pfarrer der Ostergemeinde Berlin-Wedding
Ich bin getauft und erlöst
Predigttext zum 24. Juli 2022 6. Sonntag nach Trinitatis: Römer 6,3–8 (9–11)
So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, auf dass, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in einem neuen Leben wandeln.
Römer 6,4
Martin Luther soll in Not und Anfechtung auf sein Schreibpult geschrieben haben: „Ich bin getauft.“ Das richtete ihn auf, gab ihm neuen Mut. Ich muss zugeben, dass mir meine Taufe sehr viel bedeutet. Einmal habe ich bei einer Bewerbung unter dem Geburtsdatum auch das Taufdatum angegeben. Aber so etwas wie Martin Luther habe ich noch nie gemacht. Dabei hat er vollkommen Recht! Ich bin getauft – diese unwiderrufliche einmalige Zusage ist wie ein Siegel von Gott, wie ein Schutzschild, ein Mantra auch gegen den eigenen Zweifel.
Das Untertauchen in der Taufe – früher praktizierte man es noch, heute kehrt es mancherorts zurück – symbolisiert das Absterben des alten Menschen, das Reinigen und Abwaschen all dessen, was uns daran hindert, zu Gott zu kommen und seiner Botschaft zu folgen: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Und wenn der Täufling heraussteigt aus dem Wasser, ist er durch das Wort Gottes auferweckt zu einem neuen Leben mit Christus, in dem er eben dies tut. „Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, sodass wir hinfort der Sünde nicht dienen.“
Dabei wissen wir, wie schwer das ist, Sünde ist nicht nur ein kleiner Fehltritt. Sünde bedeutet von Gott getrennt der Macht nachzugeben, die Leben zerstört. Ständiges Ankämpfen gegen andere etwa. In der Folge verwelken Beziehungen zwischen Menschen statt zu blühen. Diesen Weg zu verlassen und zu leben als Gottes Eigentum, dazu helfe Luthers Spruch: „Ich bin getauft“ und Gottes Zusage: „Ich habe dich erlöst.“
Sibylle Sterzik, Berlin
Die Speisung der 5000
Predigttext zum 31. Juli 2022 7. Sonntag nach Trinitatis: Johannes 6,1–15
Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie, dass jeder auch nur ein wenig bekomme. Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das für so viele? Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich lagern.
Johannes 6,7–10
Alle Evangelien berichten vom Speisungswunder! Nur Johannes erzählt von einem Jungen, der offensichtlich alles gibt! Das fasziniert mich. Wunder hin oder her, auch die vielen Erklärungsversuche darüber interessieren mich weniger. Mich interessiert, woher kommt der Junge? Was veranlasst ihn, sein ganzes Mitbringsel an Lebensmittel, von den Eltern eingepackt, herzugeben?
Ärgerlich, dass offensichtlich nur er seine Taschen geöffnet hat. Mir kann keiner erzählen, dass von 5000 Menschen nur einer etwas zu essen dabei hat! Jesus bewundere ich mit dem Satt-werden von vielen Menschen. Er zeigt mir aber auch, wie hartherzig Menschen sein können, wenn es um das eigene leibliche Wohl geht. Immer eine kleine Reserve für mich, meine Familie, war es damals auch der Fall?
Außer diesem unbedarften Jungen, der alles gibt, nicht an ein Morgen denkt. Welch ein Vertrauen! Das zeigt mir wieder einmal mehr, dass es schwer wird mit dem Himmelreich, wenn wir nicht werden wie die Kinder (Matthäus 18,3).
Bestimmt ist es dem einen oder anderen damals auch noch bewusst geworden bei der Essensausgabe. Und er hat dann etwas dazugegeben statt zu nehmen. Da stellt sich die Frage wo und wie kann ich heute handeln, um nicht nur an mich zu denken?