Predigten des Monats Dezember

Mit Liedern durch den Advent. Foto: pixabay

Liebe und Licht

Predigttext zum 1. Dezember 2019 1. Advent:
Römer 13,8–12

  • Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt.
  • Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.

 Römer 13,8+12

Advent beginnt mit dem traditionellen Evangelium vom Einzug Jesu in Jerusalem und dem Adventskranz mit der ersten Kerze. Die Worte aus dem Römerbrief beschreiben das Wesentliche des Advents: Wir hoffen auf Liebe und zunehmendes Licht. Gottes Nähe und Liebe vertreiben das Dunkel unserer Welt. Paulus macht deutlich: in der Liebe wird das Wesen der Gebote Gottes für alle erkennbar – eine Liebe, die alles umfängt. 

Kevin, 7 Jahre alt, darf bei den Großeltern übernachten. Er wird manchmal nachts von ­Alpträumen geplagt. In der Nacht hören die Groß­eltern lautes Weinen. Sie gehen hin und nehmen den schluchzenden Jungen in die Arme. „Ich habe so schlimm geträumt.“ Er hatte fürchterliche Angst. „Warum bist Du denn nicht einfach zu uns ins Bett gekrochen?“ fragt die Großmutter. „Es war so dunkel, ich hatte ganz, ganz schlimme Angst.“ Jetzt brennt nachts das Flurlicht.

Licht kann trösten, die Großeltern sind noch in der einer Zeit groß geworden, als es pädagogisch fest stand: Die Kinder müssen lernen bei Dunkel zu schlafen. Das macht diese Jahreszeit dann auch besonders bedrohlich.

Die tröstende Botschaft der Adventszeit ist doch: Das Licht kommt! Jedes Jahr nähern wir uns der Geburt des Jesuskindes im Stall von Bethlehem mit Kerzen. Sie werden immer mehr, je näher wir an Weihnachten heranrücken. Und dann: die ­überwältigende Lichterflut in den Häusern und Kirchen am Weihnachtsabend.

Liebe und Licht: mit diesen Verheißungen lässt sich das Dunkel ertragen. Auch das Dunkel der politischen Landschaft, der Menschen gemachten Katastrophen, der Menschen auf der Flucht? Große Zweifel bleiben, aber auch die Verheißungen:

Er kommt, ein Gerechter und ein Helfer.

Ein Pfarrer hat mich beeindruckt, seine Segensformel am Ende des Gottesdienstes nach dem Abendmahl spricht er nicht als Bitte, sondern als Ansage: Der Herr segnet dich und behütet dich, der Herr lässt sein Angesicht leuchten über dir und ist dir gnädig, der Herr erhebt sein Angesicht auf dich und schenkt dir Frieden.

Leuchten im Angesicht Gottes, Frieden im Angesicht Gottes, geborgen in den Armen der Großeltern, wir erwarten Ihn, der kommt. Ein altes Adventslied von Max von Schenkendorf (1783–1817) beschreibt das:

1. Die Tage sind so dunkel, die Nächte lang und kalt;
doch übet Sterngefunkel noch über uns Gewalt.

3. Er war einmal erschienen in ­ferner sel’ger Zeit,
da waren ihm zu dienen die Weisen gleich bereit.

6. Wir wollen nach dir blicken du Licht, das ewig brennt.
Wir wollen uns beschicken zum seligen Advent!

Paul Geiß, Pfarrer im Ruhestand in Berlin

Winterlandschaft Foto: Pixabay

Zeichen der Zeit erkennen

Predigttext zum 8. Dezember 2019 2. Advent: Lukas 21,2533

Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein … und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen. Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit.

Lukas 21,25-27

Der Lukastext macht mir Angst. Genauso Angst wie der neulich so oft gehörte Satz: „Ich trete aus der Kirche aus!“ Die Warum-Frage kam von mir. Auf ­Kirchensteuer oder ähnliches eingestellt, kam eine ganz andere Antwort: „Die sind auch nicht anders, als unser Staat. Dann brauche ich keinen Gott und Kirche, die mich genauso wenig verstehen, wie Merkel & Co.“ Leider muss ich meinem Gegenüber zumindest damit recht geben, dass mich die Ignoranz und Buchstabenfrömmigkeit meiner Kirche auch öfter wundert.

Auf den Predigttext schauend, ist das ein ganz normaler Vorgang. Ein Vorgang der zu erwarten ist. Das Ende.

Ich denke, nein, Gottes Pläne werden wir nicht aufhalten können, aber ja wir können etwas dazu tun, dass dieses Ende nicht so krass wird. Machen wir uns Gedanken darüber, wie man vom Ich zum Wir kommt und weg von Sätzen wie: „Wenn jeder an sich denkt, ist an jeden gedacht!“

Ja, Gott, Vater, ich möchte mich auf das Ende freuen. Ohne Angst und Zweifel. Wie das Ende aussieht, mit oder ohne Jesu Christus, bestimmen wir zu Lebzeiten selbst. Dafür bete ich, dass es ein gemeinsamer Weg wird, mein Glaube, meine Kirche und ich. Aber dafür müssen wir alle sofort etwas tun!

 Titus Schlagowsky, Seelsorger und Prädikant, Nochern in der Evangelischen Kirche ­Hessen und Nassau

Ich steh an deiner Krippe hier. Foto: Gerd Altmann/Pixabay

Was tun?

Predigttext zum 15. Dezember 2019 3. Advent:
Lukas 3, (1–2) 3–14 (15–17) 18

Und Johannes kam in die ganze Gegend um den ­Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden, wie geschrieben steht im Buch der Worte des Propheten Jesaja (40,3–5): „Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden. Und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen.“ Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir tun?

Lukas 3,3+4+6+8+10

Die Adventszeit war früher eine Zeit der Buße. Sie galt der Vorbereitung auf das Kommen des Heilandes, des Heil bringenden Jesus Christus. Davon wird in diesem Predigttext für den 3. Advent noch etwas deutlich. Wir sind ja eher gemütliche ­Wohnzimmer gewohnt, in wärmendes Kerzenlicht getaucht und herrlich duftendes Gebäck dazu.

Aber was könnte das heißen, sich vorzubereiten auf die Ankunft Christi? Johannes der Täufer ­predigt es mit den Worten des Propheten Jesaja: Alle Täler sollen erhöht werden, alle Berge und Hügel erniedrigt, was krumm ist soll gerade werden. Alles wird anders, geradezu in sein Gegenteil verkehrt. Tiefe Täler werden hoch, hohe Berge ­werden klein gemacht, Krummes begradigt.

Die Gedanken sprühen nur so dazu: Herrscher, die sich für gewichtig halten, sehen neben Jesus Christus klein aus, wenn sein Stern über Bethlehem aufgeht. Die Macht der Liebe ist so viel größer als die Ohnmacht der Willkür. Was klein ist wird groß. Unterdrückte und ihrer Freiheit beraubte Menschen richtet Jesus auf und gibt ihnen ihre Würde zurück. Wo das geschieht sehen alle Menschen den Heiland Gottes. Zu Weihnachten, aber nicht nur da.

Der Mensch gewordene Heilbringer Gottes gibt selbst die Antwort auf die Frage der Menge, der Zöllner und der Soldaten: Was sollen wir tun? Es ist das, was er selbst im Namen Gottes tat: Hungrige speisen, Fremde beherberge, Kranke pflegen, ­Gefangene besuchen, niemandem Gewalt tun und von der Liebe Gottes erzählen.

Sibylle Sterzik, Berlin

Plätzchenduft. Foto Ulrike Mai/Pixabay

Hoffnungen liegen in der Luft

Predigttext zum 22. Dezember 2019 4. Advent: 2. Korinther 1,18–22

Bei der Treue Gottes, unser Wort an euch ist nicht Ja und Nein zugleich. Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern das Ja war in ihm. Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zur Ehre. Gott ist’s aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt hat und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.                 

2. Korinther 1,18–22

Eigentlich wollte ich ja zu euch kommen, so schreibt Paulus in einem Brief an die Christen in Korinth. Aber er kam nicht. Das löst Ärger, Unverständnis und Enttäuschung über mangelnde Zuverlässigkeit aus. Der lange geplante und versprochene Besuch bleibt aus.

Paulus’ Glaubwürdigkeit und die seiner Be­gleiter stehen auf dem Prüfstand. Und im Hintergrund, ja vielleicht unbewusst, spielt der Gedanke mit: Wenn die – Paulus und seine Begleiter – ein Versprechen schon nicht einhalten, dann wird wohl an ihren Worten, auch nicht viel dran sein.

Eine Zusage muss doch eingehalten werden.

So sind wir erzogen. Eine Meinungsänderung oder Absage kommt schlecht an.

Dabei merke ich, wie sehr die Worte der Kirche an dem Verhalten und den Entscheidungen der Mitarbeiter gemessen ­werden. Wie viele haben auch in unseren Tagen der Kirche den Rücken gekehrt, nur wegen dem Verhalten von anderen Christen. Aber die Worte der Bibel sind nicht mit dem Verhalten der ­einzelnen Christen zu vermischen, jedenfalls nicht so ohne Weiteres. Deshalb beruft Paulus sich auf ­seinen Glauben. Gott sei mein Zeuge (Vers 18) oder „Bei der Treue Gottes“.

Ja ist eben ja, und nein ist ebenfalls nein. Jedenfalls, was die Zusagen Gottes betrifft.

Änderungen fallen uns schwer und eine Entscheidung zurückzunehmen bringt oft Enttäuschung mit sich. Das ist auch Paulus klar: „Ich rufe aber Gott zum Zeugen an bei meiner Seele, dass ich euch schonen wollte und darum nicht wieder nach Korinth gekommen bin“ (Vers 23). Was dahinter steckt, wissen wir nicht. Ist mir auch nicht ­wichtig. Eher eine Frage, die der Text aufwirft: „Müssen wir nicht manchmal andere ent­täuschen aus Rücksicht, aus Liebe, aus Barmherzigkeit zu uns selbst und zu anderen?“

In wenigen Tagen feiern wir wieder das Weihnachtsfest, das mit vielen Erwartungen und Hoffnungen verbunden ist. Wir bereiten uns auf Besuche vor und freuen uns darauf. Doch zu keiner Zeit liegen so viele Konflikte in der Luft, wie an den Weihnachtstagen. Alte Verletzungen werden manchmal wieder wach. Sicher sind wir traurig, wenn die Kinder ihr Kommen absagen, wenn wir plötzlich krank werden, eine Reise nicht unternehmen können oder was es auch immer sei.

Kann es nicht sein, dass Gott uns damit gerade „schonen“ will vor etwas, was auf uns zugekommen wäre?

Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, denn euch ist heute der Heiland geboren“ (Lukas 2,10+11), so lautet Gottes Wort an uns – auch wenn sich unsere Pläne und ­Vorhaben verändern.

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Ragnar Manneck, Pfarrer im Ruhestand, Berlin

Gott erscheint in Christi Geburt – Licht in dunkler Nacht. Foto: Jill Wellington/Pixabay

In tiefster Nacht erschienen

Predigttext zum 29. Dezember 2019 Sonntag nach Weihnachten: Hiob 42,1–6

Da antwortete Hiob: „Herr, ich erkenne, dass du alles zu tun vermagst; nichts und niemand kann deinen Plan vereiteln.“
Hiob 42,1+2

„Schade eigentlich …“ war mein erster Gedanke, als ich den Predigttext für den Sonntag nach Weihnachten las. Am Ende gibt Hiob auf. Er unterwirft sich Gott und erkennt seine Allmacht an. Dabei hat er am eigenen Leib erfahren müssen, dass Gott nicht alles tun konnte – oder wollte? Für Hiob selbst geht die Geschichte zwar gut aus, aber seine Familie wird nicht wieder lebendig, sondern durch eine neue ersetzt. Das kann er doch nicht einfach so hinnehmen!

So gibt es vieles auf dieser Welt, was ich nicht als von Gott gewollt betrachten möchte: Das Kind, das vom Auto überfahren wird oder den immer hilfsbereiten Mann aus der Gemeinde, den die unheilbare Krankheit mitten aus dem Leben reißt. Wie ungerecht! Dahinter kann kein Plan Gottes stecken, und wenn es so wäre, dann möchte ich mit diesem Gott nichts zu tun haben.

Wieso bloß steht dieser Text direkt nach Weihnachten? Soll er uns aus den allzu gemütlichen Weihnachtsträumen reißen? Uns darin erinnern, dass sich auch dieses Jahr wieder sehr vieles nicht zum Guten gewendet hat? Wie schön wäre es da, wenn Gott das alles schlagartig ändern würde, die Kriege beenden, den Hunger stillen.

Doch wie beruhigend ist es, dass wir Gott nicht hilflos ausgeliefert sind wie Marionetten, sondern eigene Pläne und eigene Fehler machen dürfen. Dass Gott sich dafür entschieden hat, mit uns als Mensch durch die Welt zu gehen, sich uns als hilfloses Kind in der Krippe auszuliefern.

Ich musste bei Hiobs Worten an einen Satz aus dem Lied „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen“ (Evangelisches Gesangbuch 56) denken: „Nimm an des Christus Freundlichkeit, trag seinen Frieden in die Zeit.“ Gottes Plan ist nicht, seine Allmacht zu beweisen, sondern uns darin zu unterstützen, die Welt ein Stück besser zu hinterlassen, als wir sie vor­gefunden haben. Indem wir uns vom Kind in der Krippe anstecken lassen und versuchen, „seine Freundlichkeit“ anzunehmen. Indem wir die in den Arm nehmen, die sich wie Hiob von Gott ungerecht behandelt fühlen, und ihnen sagen: Das, was dir geschieht, das ist nicht Gottes Plan. Gott leidet mit dir.

Elisabeth Rosenfeld, Pfarrerin für Flüchtlingsarbeit im Sprengel Görlitz und Seelsorgerin in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt.