Aktuelle Ausgabe November 2022

 

Das Logo zum Jubiläum 125 Jahre Frohe Botschaft, mit dem Schriftzug, der Zahl und einer Taube für den Heiligen GeistDie Zeitschrift gibt Hoffnung
125 Jahre Frohe Botschaft
Eine Leserin schreibt, was ihr an der Frohen Botschaft wichtig ist, die sie seit Jahren liest.
Monika Kaden, Leserin aus Seiffen

 

 

 

Neue Serie: Menschen
Geteilter Mantel und schnatternde Gänse.
Vor 625 Jahren starb Martin von Tours.
Von Hans-Jürgen Grundmann, Berlin

 

 

 

 

 

 

 

 

Buchtipp: Wir müssen reden
­Elke Büdenbender und Eckhard Nagel haben ihr Gespräch über das Leben und Sterben veröffentlicht
Von Sibylle Sterzik, Berlin

 

 

 

 

 

 

Ein Friedhof, vier Kreuze, Sonnenuntergang.Am Horizont leuchtet schon das Licht der Ewigkeit.
Gedanken am Ewigkeitssonntag
Von Sibylle Sterzik, Berlin

 

 

Leserfrage
Wie erkläre ich meiner Enkelin, wo ihr Opa jetzt ist und wie tröste ich sie?
Es antwortet: Pfarrerin Katharina Plehn-Martins, Supervisorin in Berlin 

 

 

 

Predigten des Monats November 2022

 

Eine aufgeschlagene Bibel
Gottes Wort ist Richtschnur und Stütze. Foto: pixabay

Monatsspruch November 2022

„Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!“                 Jesaja 5,20 (L)

Vieles hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Nichts ist mehr wie es war. Wie auch bei Jesaja erleben wir, dass Werte auf den Kopf gestellt werden. Was unsere Eltern uns als wertvoll mit auf den Lebensweg gaben, zählt heute nicht mehr. Die Alten werden belächelt, nach dem Motto: „Ihr versteht die Welt nicht mehr.“ Nur noch materielle ­Werte zählen, dabei ist es doch unsere Seele, die Halt und Stütze braucht. Beides finden wir einzig bei Gott, wie es auch Jesaja schon längst erkannt hatte. Er musste den ­Verfall ­seines Volkes mit ansehen und konnte nichts tun als beten. Wer hörte denn noch auf ihn?

Leider sehen auch wir zunehmend, dass nicht Gottes Wort im Vordergrund steht, sondern das „Mit der Zeit gehen“. Gottes Wort, das uns Richtschnur und Halt sein sollte, wird als Geschichtenbuch abgetan. So nach dem Motto: „Ihr müsst nicht alles so ernst nehmen. Wir sind doch nicht mehr von gestern.“

„Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!“, lesen wir bei Jesaja. Sind wir nicht auf dem besten Wege, diese Worte zu übernehmen und die Dinge zu verkehren, anstatt uns von ihnen aufrütteln zu lassen und Gottes Wort als das zu nehmen, was es ist: Richtschnur und Leitsatz für unser Leben. Wenn nicht aus eigener Kraft, dann doch mit Gottes Hilfe.

Christina Telker, Bernau

 

Zwei Frauen im Gespräch.
Ein gutes Wort kann viel verändern. Foto: pixabay

 

 

 

 

Gottes Reich braucht Raum

Predigttext zum 6. November 2022
Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres: Lukas 17,20–24(25–30)

Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes? antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht mit äußeren Zeichen; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier!, oder: Da! Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch.

                                                                              Lukas 17,20+21

Gottes Reich ist kein Ort. Darin irren die ­Imperatoren und die ihnen nachlaufen. Durch gewaltsame Aneignung, durch Grenzverschiebungen und Geländegewinne ist kein Reich zu machen. Jedenfalls keines, das von Dauer ist.

Mich langweilen diese nicht enden wollenden Versuche, letztlich austauschbare Symbole von Macht und Größe zu errichten. Nichts Neues unter der Sonne. Sichtbare Zeichen von Herrschaft und Wohlstand landen früher oder später als Fragmente in Museen. Sie deprimieren, weil sie Vergeblichkeit und Vergänglichkeit vor Augen führen. Mensch­liches Machwerk ist nichts Bleibendes.

Beim Singen des Abendlieds von Karl Albrecht Höppl (Evangelisches Gesangbuch Nr. 490) breitet sich in mir eine tiefempfundene Genugtuung aus: Erdenreiche mögen fallen, Gottes Reich, das steht in Ewigkeit. Eine Genugtuung und eine Sehnsucht spüre ich gleichermaßen. Sehnsucht nach dem Ende irrsinniger Kriege. In Träumen schon jetzt ausgemalt. Unbeschwertes Schlendern auf den Magistralen von Kiew, Theaterbesuch in Mariupol, erschwingliche Getreidepreise für alle und alle … sind am Leben. Wann endlich?

Wann kommt das Reich Gottes? Eine (über-) lebenswichtige Frage. Sie zielt auf eine künftige Zeitenwende. Einen Umkehrpunkt, der mehr verändert als die Paradigmenwechsel dieser Tage: im Konsumverhalten – wir müssen sparen, im Wirtschaften – wir brauchen Stabilität, in der Militärstrategie – wir brauchen mehr Wehrhaftigkeit. 

Nichts von all dem spielt eine Rolle, wenn Jesus das Reich Gottes mit nachvollziehbaren Alltags­bildern vergleicht. Erstaunlich und herausfordernd zugleich ist es, dass ein unscheinbares Samenkorn (Matthäus 13), ein gutes Wort, Veränderung und Ewigkeit schafft. Es muss nur ausgesät, muss ausgesprochen und getan werden.

Das Reich Gottes ist kein Ort. Es ist ein Ereignis. Es ereignet sich unter Menschen, ausnahmslos. Gottes Reich ist kein Ort aber es braucht Raum, es sucht seinen Platz in der Herberge, in Dörfern und Städten, ganz gleich welche Fahnen über ihnen wehen. Und noch eines. Das Himmelreich kommt nicht ohne Geschichten aus, gute Geschichten von einer Zukunft, in der die Saat aufgeht. Schon jetzt kann jede und jeder ein Teil davon  werden. Lege das Samenkorn in aller Ungewissheit aber voller Hoffnung in den Boden. Und sieh!

Pfarrer Matthias Puppe, Koordinator in der Arbeit mit ukrainischen Geflüchteten, Berliner Missionswerk

 

Ein Richterspruch-Hammer liegt auf dem Tisch.
Ein Richterspruch hat Gewicht.
Foto: pixabay

Gott in den Ohren liegen

Predigttext zum 13. November 2022,
Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres: Lukas 18,1–8

Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam immer wieder zu ihm und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher! Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem Menschen scheue, will ich doch dieser Witwe, weil sie mir so viel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir ins Gesicht schlage.

                                                               Lukas 18,3–5

Schon ganz mit seinem Abschied beschäftigt, verdichtet Jesus im Evangelium des Lukas das, was ihm wichtig ist. Ein Gleichnis, eine Geschichte folgt der anderen. Auch diese – merkwürdige.

Das kann man sich doch schlicht nicht vor­stellen, dass da ein Mann, der sich vor nichts und niemandem fürchtet, ein Richter, der letztgültige Urteile fällt, dass der plötzlich Angst haben sollte vor einer Witwe, weil diese ihm ins Gesicht ­schlagen könnte?

Ich kenne hingegen Tausende Geschichten von Frauen, die Angst haben. Überall auf der Welt. Irgendein Grund findet sich immer, warum man sie schlägt, verstümmelt, erniedrigt, vergewaltigt, entrechtet. Das macht mich fassungslos, traurig, wütend. Es gibt gar nicht so viele Donnerstage wie ich schwarz tragen müsste. Bei „Thursday in black“ wollen Menschen auf diese Gewalt ­hinweisen, indem sie jeden Donnerstag ganz in Schwarz gehen.

Gott im Himmel, der Du Menschen in Vielfalt erschaffen hast, mach der Gewalt ein Ende! Um Deiner Gerechtigkeit willen!

Beeindruckt bin ich von dieser Witwe, einer Frau, die ganz allein dasteht und für ihr Recht kämpft. Woher nimmt sie die Kraft, wo doch Abschiede so zehren und einen ganz wackelig machen? Ich bewundere sie für ihren Mut, wie ich die Frauen im Iran bewundere, die „Frauen. Leben. Freiheit.“ rufen und sich den Schleier vom Kopf reißen, obwohl ihnen massive Gewalt droht.

Der Richter in der Geschichte weigert sich zu tun, was seine Aufgabe ist, nämlich Recht zu ­sprechen und der Gerechtigkeit zur Durchsetzung zu verhelfen. Ihn mit Gott zu vergleichen, macht mir Mühe. Aber bei Lukas erzählt Jesus auch andere befremdliche Geschichten, zum Beispiel die von einem Vater, der seinem Sohn, wenn er um einen Fisch bittet, eine Schlange gibt. Unmöglich! Genau, sagt Jesus, wenn ihr das schon unmöglich findet, und niemals so handeln würdet, um wie viel mehr dann Gott! Wenn sich schon ein unfassbar hart­leibiger Richter erweichen lässt, um wieviel mehr dann Gott!

So fasst Jesus in der Erzählung des Evangelisten Lukas noch einmal zusammen, was er seinen Lieben zum Beten erzählt hat: „Bittet, so wird euch gegeben; Suchet, so werdet ihr finden; ­klopfet an, so wird Euch geöffnet. Denn alle, die bitten, werden bekommen; und die suchen, werden finden; die anklopfen, denen wird geöffnet.“

Machen wir Ernst damit. Hören wir nicht auf Gott in den Ohren zu liegen mit unseren Gebeten für ein Ende aller Gewalt. Gott im Himmel, der Du Menschen in Vielfalt erschaffen hast, mach der Gewalt ein Ende! Um Deiner Gerechtigkeit willen!

Oberkirchenrätin Sabine Habighorst, Berlin

 

Ein Mann sitzt draußen in der Natur und betet.
Wer wacht, kann etwas tun: zum Beispiel beten. Foto: pixabay

Wachen und Beten

Predigttext zum 20. November 2022
Ewigkeitssonntag: Markus 13,28–37

Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Von jenem Tage aber oder der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater.33 Seht euch vor, wachet! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist.                                                                                                                                        Markus 13,31–33

Sprachpolizei gab es schon immer. Als junger Pfarrer sprach ich einmal im Pfarrkonvent von „Totensonntag“. Ein gestandener älterer Kollege korrigierte: „Der junge Bruder wollte wohl sagen: Ewigkeitssonntag“. Ich weiß nicht mehr, was ich damals sagen wollte, aber der kommende Sonntag hat zwei Themen oder Propria: Als „Totensonntag“ ist er der Sonntag, an dem – im Lichte von Ostern – der Verstorbenen der letzten zwölf Monate gedacht wird, als Ewigkeitssonntag ist er der Sonntag, an dem vorausgeschaut wird auf das Ende der Welt und auf Gottes Ewigkeit.

Markus 13,28–37 ist der Text für den Ewigkeitssonntag. Lange konnten wir, konnte die Kirche mit solchen Texten nichts anfangen. Noch in einem neueren Kommentar (2012) heißt es fast überheblich: „Heute ist das Ende der Geschichte und das Weltgericht kaum noch vorstellbar.“ Wie sich die Zeiten ändern! Fast muss man sagen, angesichts von Krieg, Klimakatastrophe, Pandemie und Teuerung haben wir die apokalyptischen Reiter (Offenbarung 6) und die Ballung der Katastrophenszenarien nie so gut verstanden wie heute! Das Ende der Welt ist wieder möglich geworden. Gut, dass sich in der Christentumsgeschichte die nicht durchgesetzt haben, die – zu ihrer Zeit – unverständliche Bücher und Texte aus der Bibel einfach herausschneiden wollten. Andererseits, was helfen uns Texte wie Markus 13? Machen sie die Furcht nicht noch größer? Legitimieren sie unsere Panik und Zukunftsangst? Ich sage: Nein.

Und ich finde drei positive Aspekte in diesem Text: „An dem Feigenbaum aber lernt ein Gleichnis. Wenn seine Zweige saftig werden und Blätter treiben“ (Vers 28). Ich kann mich trotz der düsteren Zukunftsaussichten am Erwachen der Natur im Frühjahr immer wieder erfreuen. Und an der

„Gnade der Natur“, die ich diesen Spätsommer wieder erlebt habe. Nach monatelanger Hitze und Trockenheit verbrannte Felder und Wiesen überall, dann ein kräftiger Regenguss, und am übernächsten Tag waren die Wiesen wieder grün. Diese Vitalität der Schöpfung hat mich regelrecht beschämt. Und gerade weil wir wissen, dass die Welt endlich ist, sind solche Momente kostbar.

„Von jenem Tage aber oder der Stunde weiß ­niemand…, auch nicht der Sohn“ (Vers 32). Dieses Wort hat den Theologen immer Mühe gemacht. Wie kann Jesus so etwas sagen? Wie kann er seine eigene göttliche Autorität so untergraben? Jesus wusste es wirklich nicht, wie auch der Satz davor (Vers 30) beweist: „Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht.“ So wie es tröstlich ist, dass ich meine Todesstunde nicht kenne, so ist es auch tröstlich, dass wir die Stunde des Welt­gerichts nicht kennen, um die verbleibende Zeit sowohl genießen als auch nutzen zu können.

Und so verstehe ich auch das letzte Wort in unserem Text: „Wachet!“ (Vers 37). „Wachet und betet“ hieß auch das letzte Wort Jesu vor seinem Tod, das er zu seinen Jüngern sprach, im Garten Gethsemane. Dieses Wort steht gegen jeden Fatalismus. Wer wacht, kann noch etwas tun. Der

UNO-Generalsekretär hat davor gewarnt, dass wir „schlafwandlerisch“ in die Klimakatastrophe ­hineinschlittern. Er hat zur Wachsamkeit und zur Tat aufgerufen. Was zu tun ist, wissen wir. Aber vergessen wir auch das andere nicht, das nur wir können, und das wir der Welt schuldig sind: Beten. 

Pfarrer Dr. Bernhard Schmidt, Vorsitzender der Kollegialen Leitung des Kirchenkreises Falkensee

Eine weiße geschlossene Tür ,mit einem grünen Kranz daran. Eine Laterne steht davor.
Gott wartet darauf, dass ihm die Türen in unserer Welt von uns geöffnet werden. Foto: pixabay

Adventliche Klopfzeichen

Predigttext zum 27. November 2022
1. Advent: Offenbarung 3,14–22

Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer Ohren hat, der höre, was er den Gemeinden sagt

                                                               Offenbarung 3,20.22

Eine Predigt gelingt, wenn etwas hängen bleibt. Ein Bild, ein Wort, eine Wendung. Der Glaube kommt nicht aus der Predigt, er „kommt aus dem Hören“ (Römerbrief 10,17). Die Predigt macht ihn nicht. Sie legt eine Möglichkeit frei: Es könnte doch möglich sein, dass … Das Bild unseres Textes für den 1. Adventssonntag ist die Tür.

Eine Erfahrung: Eine Pfarrerin macht Hausbesuche. Sie klingelt. Aus der Sprechanlage ruft eine Stimme: „Bist du es, mein Engelchen?“ Sie ist ein wenig verwirrt, antwortet aber schlagfertig: „Nicht direkt, aber von der gleichen Firma!“

Ein Urtraum: Wenn es klopft an der Haustür, an der Wohnungstür, an der Krankenzimmertür – möge es doch es ein Engel sein, der mein Leben mit Liebe erfüllt, mit Freundlichkeit erwärmt und mit Fürsorge bewahrt. Ein Urtraum.

Die Tür ist für uns zu einem Symbol geworden: So wie es offene und verschlossene, einladende und abweisende Türen gibt, so auch Menschen mit einem Herzen, das verschlossen ist wie eine Tür, mag man noch so rütteln und klopfen – es gibt unzugängliche Menschen, Häuser. Auch Gemeinden, auch Kirchen?  „Offene Kirche“, ein gesegneter Dienst der Gemeinde, Advent ist bekanntlich immer …

Nun aber 1. Advent mit dem Text: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an!“, Vers 10 aus dem Sendschreiben an die Gemeinde in Laodicea, Offenbarung es Johannes 3, 14-22. Der Inhalt ist wenig erfreulich, „eine Abfuhr sondergleichen“, wie es der Theologe Wolfgang Huber bezeichnete, früher ein Text für den Buß- und Bettag. Die liturgische Farbe für den Advent ist das Violett, Farbe der Umkehr, des Hörens, des Sich-Öffnens, des Bereit-Werdens für den, der an der Tür steht und klopft.

Vor 60 Jahren kam ich als Student nach Berlin und hörte bei Eberhard Jüngel die wunderbare Auslegung von Psalm 24,7–10: „Macht die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!“ (Predigten, 1968), sie begleitet mich bis heute. Sie ist der biblische Zusammenklang zum Sendschreiben-Vers. Wem es möglich ist, möge sie bitte lesen oder bei mir anfordern!

Ihm ging es um das Brandenburger Tor und das Jerusalemer Mandelbaumtor! Und um das Tor zu uns selbst. „Advent ist Wartezeit … Wartezeit derer, die auf den Herrn harren. Doch der Advent ist vor allem Wartezeit Gottes, der einziehen will und darauf wartet, dass ihm die Tore und Türen in unserer Welt von innen, von uns geöffnet werden. Wenn aber unseres Herzens Tür für Gott offen ist, dann können unsere Haustüren, dann können auch die Tresore ihm nicht verschlossen bleiben. Gott wartet nicht gern umsonst, deshalb: „Macht die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!“

Helmut Ruppel, Pfarrer und Studienleiter im Ruhestand, Berlin

 

Gebet des Monats November 2022

Ein Meer an Kerzen unter einem Kreuz
Gedenken an die Verstorbenen mit Kerzen. Foto: pixabay

 

 

 

 

 

 

 


Ein Gebet für November

Novembergrau

novembergrau
karge bäume
das nachtblaue
bleibt länger

nebelwelten
signallichter
jetzt zählt
die nähe

offene netze
starke wurzeln
die erwartung
verbindet

über wasser
sterne angeln
der immerda
behütet uns
Amen

Michael Lehmler

Gebet des Monats Oktober 2022

Eine Taube auf dem Schlussstein an der Kirchendecke
Die Taube als Symbol für den himmlischen Geist.
Foto pixabay

 

 

 

 

 

 


Ein Gebet für Oktober

Offener Himmel

über uns der offene himmel

über uns das sternenzelt

über uns der regenbogen

 

in uns das göttliche kind

in uns beziehung und heil

in uns anfang und ankunft

 

zwischen uns der nahe gott

zwischen uns die sympathie

zwischen uns das wort

um uns der unendliche segen

um uns die lichte atmosphäre

um uns die heilenden mächte

 

unter uns der weg zum du

unter uns das rettende netz

unter uns die befreiende liebe

Amen

 

Michael Lehmler

Aktuelle Ausgabe Oktober 2022

 

Das Logo zum Jubiläum 125 Jahre Frohe Botschaft, mit dem Schriftzug, der Zahl und einer Taube für den Heiligen GeistDie Zeitschrift gibt Hoffnung
125 Jahre Frohe Botschaft
Elfriede Lindner, Christine Schuster und Lissy Müller schreiben, was ihnen an der Frohen Botschaft wichtig ist.
Leserinnen und Leser 

 

Neue Serie: Menschen
Lucas aus Kronach – der schnellste Maler
Vor 550 Jahren wurde Lucas Cranach der Ältere geboren.
Von Hans-Jürgen Grundmann, Berlin

Bildnis von dem Maler Lucas Cranach dem Älteren
Lucas Cranach der Ältere mit 77 Jahren. Gemälde von Lucas Cranach dem Jüngeren

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Buchtipp: Näher als du denkst
Gespräche über jüdische und christliche Feste und ihre Rituale
Von Sibylle Sterzik, Berlin

 

Das Cover des Buches Jüdisch und Christlich
Titelseite der Broschüre Jüdisch und Christlich – näher als du denkst. Wichern-Verlag

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Leserfrage
Ausgetreten  und trotzdem kirchlich bestatten oder heiraten?
Es antwortet: Propst  i.R. Dr. Karl-Heinrich Lütcke, Berlin

 

Ein Hochzeitspaar vor dem Eingang in die Kirche.
Mit dem Segen Gottes heiraten.
Foto:
pixabay

 

 

Predigten des Monats Oktober 2022

Mädchen mit der Gitarre singt

Singen gibt Mut und Zuversicht. Foto: pixabay

 

 

Monatsspruch Oktober 2022

„Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher über die ganze Schöpfung. Gerecht und ­zuverlässig sind deine Wege, du König der Völker.“        Offenbarung 15,3 (E)

Die Christen zur Zeit des Sehers Johannes singen Lieder gegen unerfreuliche Zustände ihrer Zeit. Das Singen macht Mut, gibt Trost, ist ein Gebet.  Ja, die Musik und das Singen können heilsam sein. Vielfach ist dies beschrieben worden: Die Angst einfach wegsingen. Denken wir an David, dessen Königs-Karriere damit begann, dass er als Hirtenjunge zu König Saul gerufen wurde, um dessen böse Geister mit ­Harfenspiel und Gesang zu vertreiben.

„Ich liebe die Musik“, sagt Martin Luther, „weil sie ein Geschenk Gottes und nicht der Menschen ist, weil sie die Seelen fröhlich macht.“  Wir wissen, dass es auch Schlacht- und Streitgesänge gibt. Es kommt immer auf die Inhalte der Lieder an, aber so oder so: Singen gibt Mut und Kraft, ist gesund und kostet gar nichts, vielleicht ein wenig Überwindung.

Manche denken vielleicht, der Autor hat den Sonntag Kantate im Sinn. Das Singen ist eine tägliche Angelegenheit und lobpreisender Gesang ist unsere Antwort, weil wir uns in der Gottesbeziehung aufgehoben fühlen, auch in der oftmals bedrängenden Frage der Gegenwart: Was kommt auf uns zu?

Die Not der Christen zur Zeit der Offenbarung des ­Johannes wog sicherlich schwerer als die Sorgen, die wir in den Freiheiten unseres Lebens haben. Wir leiden hier keinen Hunger, auch dann nicht, wenn die Lebensmittel- und Gaspreise ­steigen. Wenn jemand in Not ist, dann ­können wir uns gegenseitig helfen, medizinisch, sozial, menschlich und christlich.

Gott sei Dank!

Klaus Büstrin, Prädikant in Potsdam

 

Ein Brotkorb auf einem Tisch draußen, prall gefüllt
Danken motiviert, mit Lebensmitteln sorgsam umzugehen. Foto: pixabay

Tägliches Dankfest

Predigttext zum 2. Oktober 2022
Erntedank: 5. Mose 8,7–18

Denn der HERR, dein Gott, führt dich in ein ­gutes Land, ein Land, darin Bäche und Quellen sind und Wasser in der Tiefe, die aus den Bergen und in den Auen fließen, … ein Land, wo du Brot genug zu essen hast, wo dir nichts mangelt … Und wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den HERRN, deinen Gott, loben für das gute Land, das er dir gegeben hat. 
5. Mose 8,7.9a.10

Danken motiviert, mit Lebensmitteln sorgsam umzugehen. Foto: pixabay

Die Nachrichten aus der Ukraine und die aus dem Süden Afrikas von Dürre, Wassermangel und Hunger, machen uns deutlich, dass wir täglich Dankfest feiern könnten. Wir haben satt zu essen, sind ärztlich versorgt und leben im Frieden. Nichts, was wir täglich so gedankenlos genießen, ist selbstverständlich. Wir haben vieles, worauf andere verzichten müssen.

Das biblische Wort für das Erntedankfest erinnert das Volk Israel und uns an das Gute, das wir erfahren. Erntedank beginnt mit dem Blick zurück auf ein Jahr, in dem wir vor schlimmer Not verschont wurden. Und mit dem Staunen, dass Gottes Güte uns bewahrt und gesegnet hat. Wir sind ja nicht in allem „Selbstversorger“, die das Leben der eigenen Tüchtigkeit verdanken. „Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt ­regnen über Gerechte und Ungerechte“ (Matthäus 5,45).

Dann kommt in unserem biblischen Wort das Hauptanliegen: „Wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den Herrn, deinen Gott loben“ (5. Mose, 8,10), Die Generationen vor uns haben diese Mahnung als Aufforderung gehört, vor oder nach jeder Mahlzeit ein Dankgebet zu sprechen. Das regelmäßige Tischgebet ist bei vielen „aus der Mode“ gekommen. Es kann uns aber helfen, jede Mahlzeit mit einem kleinen „Erntedank“ zu beginnen oder abzuschließen.

Geradezu beschwörend hören wir: Wenn es dir gut geht, „dann hüte dich, dass dein Herz sich nicht überhebt und du den Herrn, deinen Gott vergisst“ (5. Mose 8,14). Dass du meinst, du hast das alles verdient, weil du so tüchtig und clever bist.

Von Herzen danken für alles Gute im Leben kann nur, wer die Adresse für seinen Dank kennt: Gott, den wir nach dem Willen Jesu als „unser Vater“ anreden. Den Geber alles Guten. Der uns den „Brotkorb“ nicht hoch hängt, sondern reichlich füllt. Wer mit Gott rechnet, sieht in den natürlichen Gaben seine wunderbare Güte und Barmherzigkeit.

Danken motiviert uns, mit den Lebensmitteln sorgsam umzugehen. Es ist eine Schande, wie viel Nahrung im kleinen und großen Stil in der Tonne landet. Viele Mülleimer sind ein Beweis der Undankbarkeit. Dank ermutigt zum Teilen. Die Menschen zu Jesu Zeiten lebten mit der Einrichtung des „Zehnten“. Zehn Prozent dessen, was jemand einnahm, wurde dem Tempel übergeben oder den Armen.

Ich kenne Christenmenschen, die es sich auch heute zur Regel gemacht haben, neben der Kirchensteuer einen festen Betrag, ihren „Zehnten“, zurückzulegen, um damit in Indien, Afrika oder vor ihrer Haustür Menschen zu helfen. Wir beten: „Unser täglich Brot gib  u n s  heute“, also im Plural. Wer teilt, wird dadurch nicht ärmer. Gott danken „mit Herzen, Mund und Händen“.

Siegfried Dehmel ist Pfarrer i.R. der Berliner Stadtmission

 

Einer ist verletzt – aber wer hilft?
Foto: pixabay

Das Heil verbreiten

Predigttext zum 9. Oktober 2022,
17. Sonntag nach Trinitatis:
Jesaja 49,1–6

Der Herr spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Völker gemacht, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde.
Jesaja 49,6

Gott hat andere Pläne. Wie so oft. „Sein Knecht“ soll die Stämme Jakobs aufrichten und die Zerstreuten Israels wiederbringen. Als sei das nicht schon genug. Mehr als das. Nun kommt noch etwas hinzu. Gottes Licht soll er allen Völkern bringen, damit sein Heil bis in jeden Winkel der Erde reicht. Und jeder Mensch davon erfährt, dass Gott durch Vergebung und Neuanfang alles heilen kann.

Aber wer ist der Knecht, von dem hier die Rede ist? Im jüdischen Glauben, in der Tora, ist er der Retter des Volkes Israel. Manche Ausleger sehen in ihm das ganze Volk Israel, das stellvertretend für die Sünden der Völker leidet. Mit ihm hat Jahwe einen Bund auf ewig geschlossen. Mit dem Licht für alle Völker sind die Völker Israels gemeint, so Rabbi Schlomo ben Jizchak, genannt Raschi. Die Verse des Jesaja ­sprechen den aus ihrer Heimat ins babylonische Exil weggeführten Israeliten neue Hoffnung zu. Nun wird Gott kommen und es durch die Wüste ins Land Israel zurückführen. Diese Botschaft wird mit großer Kraft und Bildhaftigkeit verkündet.

Im Christentum ist Gottesknecht ein Titel für Jesus Christus. Mit der Übersetzung der hebräischen Bibel in die griechische Sprache wurden die Gottesknechtslieder in die christliche Tradition eingeführt und später auf Jesus Christus bezogen. Sein Leiden bei seiner römischen Hinrichtung als Verbrecher am Kreuz führt diejenigen, die ihm ­folgen, heraus aus der eigenen Gefangenschaft in sich selbst, aus dem Gefängnis dessen, was Menschen von Gottes Heil trennt.

Gott ist meine Stärke, sagt der Gottesknecht von sich. Nur so kann er seine große Aufgabe angehen.

Sibylle Sterzik, Berlin

Lebe ich wirklich nach Gottes Willen?

Predigttext zum 16. Oktober 2022
18. Sonntag nach Trinitatis:
Epheser 5,15–20

Darum werdet nicht unverständig, sondern ­versteht, was der Wille des Herrn ist.  Epheser 5,15–20

Wenn ich das wüsste, was Gottes Wille ist? Geht es euch auch so? Entscheidungen treffen, man fragt sich, was ist hier Gottes Wille? Klar kann man beten! Und doch bleiben Restzweifel an meinen Entscheidungen, alles verstanden? ­Unverständig sein will ich nicht, wie im Predigttext.

Will schon fragen was Gottes Wille ist und verstehen. Ist das alles richtig? Spielt mein Denken und Tun wirklich eine kleinere Rolle als der Wille Gottes? Vielen Christen ist es schon so gegangen, Sie sind unsicher, wissen nicht, wo es langgeht, wollen Gott aber auch nicht verärgern.

Da schaue ich zurück auf mein Leben und erkenne: Jeder Tiefschlag hat mich geformt zu dem, was ich heute bin und lebe. War es Gottes Plan, dass ich meinen Kopf durchsetze? Sicherlich haben nicht viele Tage und Taten im Leben Gottes Zustimmung gefunden.

Wir Christinnen und Christen haben einen Vorteil: Wir können immer um Vergebung bitten. Ich weiß, wo ich hingehen kann, wenn es wieder einmal in meinem Leben nicht nach Gottes Willen gelaufen ist. Ich kann beten und abgeben und gehe oft gestärkt aus ­diesem Gebet, mutig und stark wie Josua, dem Gott zuspricht: „Habe ich dir nicht geboten: Sei getrost und unverzagt? Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst“ (Josua 1,9).

Gott danke, dass du da bist, auch wenn ich nicht oft genug nach deinem Willen frage! Gott wie du willst und auf immer, dein Wille geschehe.

Titus Schlagowsky, Gastwirt und Prädikant in Nastetten im Rhein-Lahn-Kreis

I

Vor Jesus kniet eine Gestalt und bedankt sich.
Die Heilung eines Gelähmten.
Foto: wikimedia commons

Ein neuer Anfang

Predigttext zum 23. Oktober 2022
19. Sonntag nach Trinitatis:
Markus 2,1-12

Da nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben. Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim!
 Markus 2,5+11

Zweierlei tut Jesus: Sünden vergeben und sechs Verse später heilen. Die erste Sündenvergebung wurde von ihm gar nicht erwartet in dem über­füllten Haus in Kapernaum. Bestimmt hat es nicht nur die vier Männer mehr als irritiert, die den Gelähmten durch Dachabdecken zu Jesus schleppten. Was soll der Gelähmte damit anfangen? Seine Krankheit hat doch nichts mit Sünde zu tun, oder doch? Sünden vergeben ist allein Gottes Sache, kann und darf Jesus das? Wer ist dieser Jesus?

Markus gibt ganz am Anfang seines Evangeliums schon eine Antwort: Jesus ist mehr, als sie erleben und sehen. Jesus erfüllt die Zeit und bringt das Reich Gottes nahe herbei, jetzt. Jesus ist als bevollmächtigter Sohn Gottes erlebbar.

Was sie so getrennt erfahren, gehört eng zusammen, ist miteinander verflochten: Sünden vergeben und heilen. Hier beginnt ein neues Leben für den Gelähmten: Er geht mit seinem Bett unterm Arm hinaus. Da ist plötzlich Platz zum Gehen im engen überfüllten Haus. Da fängt einer neu an, weil andere geglaubt haben: Wie das neue Leben des namenlosen Gelähmten aussieht, erzählt uns Markus nicht. Aber an ihm wird deutlich, wer Jesus ist. Das Unmögliche, das Unvorhersehbare, das Unfassbare geschieht: das Leben nimmt einen neuen Anfang – heute.

„Sünd ist vergeben, Halleluja! Jesus bringt Leben, Halleluja!“ – so klingt es im Refrain eines Osterliedes aus Tansania (Evangelisches Gesangbuch EG 116).

Der Glaube der vier Träger ruft andere zum Glauben an Jesus, das Reich Gottes ist nahe: Da stehen sie unerwartet am Grab und nehmen Abschied von ihrem Bruder, weil sie einander ­vergeben wollen, was seit einigen Jahren zwischen ihnen stand. Gottes Frieden wird ihnen heute geschenkt. Das glauben sie und können getrost weitergehen.

Da sitzt er mit seinen 8 Jahren in der Kirchenbank und hört dem Spiel der Organistin zu, vor den Ferien hat sie der Klasse die Orgel erklärt. Das muss ich meinem Papa sagen, man kann einfach so in die Kirche gehen, zuhören, staunen, still werden, ohne dass jemand gestorben ist, man kann träumen vom Fußball und allem, was schön ist im Leben und dann wieder Freunde treffen. Papa kann jetzt mal mitkommen.

Da steht sie als erwachsene Frau mit ihrem Ehemann am Taufstein und lässt sich taufen, weil sie eine Ahnung davon bekommen hat, dass ein Leben mit Jesus erfülltes Leben ist, weil sie heute glaubt und die Gemeinschaft in der Kirche liebt.

Markus erzählt: Heute und hier ist die Zeit erfüllt, Jesus schenkt Vergebung und Leben, ­beides gehört zusammen. Lasst uns Gott loben: „Sünd ist vergeben, Halleluja! Jesus bringt Leben, Halleluja!“

Sabine Benndorf, Prädikantin in der Region Templin

Ein Herz mit einer Gänseblume und einer Aufschrift.
Menschen und ihre Liebe bleiben in unseren Herzen. Foto: pixabay

Liebe ist stärker als der Tod

Predigttext zum 30. Oktober 2022
20. Sonntag nach Trinitatis:
Hohelied 8,6b-7

Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine gewaltige Flamme.   
Hohelied 8,6b

Mit dem letzten Sonntag im Oktober gehen wir hinüber in die dunkle Zeit des Kirchenjahres. Die Zeitumstellung an diesem Tag macht es deutlich: Es wird dunkler um uns. die Tage werden kürzer. Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag, das sind die Tage, die jetzt kommen. Sie sind bestimmt durch das Nachdenken über das Sterben und den Tod. Und da trifft uns mit dem Predigttext ein Wort, das vom Tod spricht und den Tod in Beziehung zur Liebe setzt: Liebe ist stark wie der Tod.

Ich habe es nachgesehen: Es gibt in der ganzen Bibel nur diese eine Stelle, wo die Worte Liebe und Tod so nahe beieinanderstehen. Nur an einer einzigen Stelle wagt es die Bibel, diese beiden Größen „Liebe und Tod“ nebeneinander zu stellen.

Liebe und Tod, diese beiden Worte stehen für die ganz großen Gefühle, die unser Herz bewegen können. Nichts vermag unser Herz mehr in Bewegung zu bringen, als verliebt zu sein oder den Tod eines Menschen erleben zu müssen.

Die Stärke des Todes werden wir nicht in ­Zweifel ziehen. Wir merken es grad im Herbst. Die Blätter fallen, die Welt wird grau. das Leben scheint sich zu verabschieden. In vielen Familien denken wir in diesen Tagen besonders an die Verstorbenen. Die Zeit des Trauerns holt uns wieder ein. Wir spüren, wie stark der Tod unser Leben beeinflusst und es traurig macht. Tränen kommen, die Welt ist so anders geworden, seit wir den Tod eines lieben Menschen erleben mussten.

Und die Stärke der Liebe, ist die noch zu merken? Wer trauert, wird spüren, dass die Gedanken über den Tod des geliebten Menschen vergehen, aber die Liebe zu ihm bleibt. Die Liebe hat einen ewigen Wert, der auch durch das Schlimmste nicht erschüttert werden kann. Die Macht des Todes, seine Stärke, geht zu Ende, aber die Liebe wird bleiben.

Beide, Liebe und Tod, sind stark, aber die Liebe ist stärker, möchte ich gegen den Satz aus der Bibel sagen. Gott nimmt seine Liebe nicht von den Menschen, wenn sie sterben. Vielmehr gibt er ihnen neue Lebendigkeit, wenn er ihnen auf der anderen Seite des Todes das ewige Leben schenkt. So sagt und hofft es der Glaube ganz gewiss.

Die Liebe, die uns mit unseren Verstorbenen verbindet, hört nicht einfach auf. Sie bleiben in unseren Herzen und Erinnerungen die geliebten Menschen.

Auch wenn Liebe und Tod stark sind und wir merken, wie stark uns beides bewegt, bleibt die Liebe die stärkere gegenüber dem Tod. Nichts von der Liebe, die Gott seinen Menschen schenkt, nichts von dieser Liebe, die uns unsere Verstorbenen gegeben haben und die wir von ihnen ­nehmen durften, geht mit dem Tod zu Ende und wird begraben. Vielmehr weist die Liebe den Tod in die Schranken. Der Tod ist etwas Zeitliches. Die Liebe ist ewig. Deswegen kommt der Tod gegen die Liebe nicht an.

Thilo Haak, Pfarrer der Ostergemeinde, Berlin-Wedding

Predigten des Monats September 2022

 

 

Mit ganzem Herzen lieben.
Foto: pixabay

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Monatsspruch September 2022
„Gott lieben, das ist die allerschönste Weisheit.“           
Sirach 1,10 (L)  

 Gott lieben? Wie kann das gehen? Einen ­Menschen zu ­lieben, das scheint doch viel leichter zu sein. Vielleicht ist er schön, klug, ein Dichter, ein Klavierspieler oder herzensgut. Wie plötzlich Liebe entsteht, bleibt sowie so ein Geheimnis. Aber jemanden zu lieben, der gar nicht da ist zum Anfassen und Umarmen und liebe Worte ins Ohr ­flüstern?

Zugegeben, das macht die Sache komplizierter. Aber Gott ist da! Nur anders. Ich kann mit ihm Hand in Hand durchs Leben gehen, ohne dass ich seine Finger berühre. Mich berühren seine Worte! Auch das, was ich durch Jesus Christus und sein Leben aus den Evangelien von ihm erfahre. Wie er mit Menschen umgeht, welchen Geist er in unser Herz und unseren Sinn füllen will. Wie sehr er darum wirbt, uns zu gewinnen. Und täglich neu lässt sich erfahren, dass er nahe ist, durch Gottes Geistesgegenwart.

Beim Lausitzkirchentag in Görlitz im Juni stellten sich plötzlich fünf junge Männer an die Rathaustreppe. Sie hielten jeder ein Schild hoch. Zusammen gelesen stand da: „Wenn Sie wissen wollen, was es uns bedeutet, himmlisch begehrt zu sein, dann fragen Sie uns doch mal!“ Jeder erzählte eine andere Begegnungsgeschichte zwischen ihm und Gott. Einer hätte sein Haus verlassen müssen, weil es verkauft werden sollte. Als er schon vergeblich nach Käufern im Freundeskreis gesucht hatte, weil er sonst hätte ausziehen müssen, und aufgab, kam sein Nachbar, der von der Not gehört hatte, und kaufte es. Er durfte mit seiner Familie wohnen bleiben und sie wurden sogar noch gute Freunde. Für den jungen Mann ein Hinweis, dass er „himmlisch begehrt“ ist. Und seine Boten unterwegs sind. Und dafür liebt er Gott.

Sibylle Sterzik, Berlin

 

 

Paulus Damaskuserlebnis. Gemälde von ­Michelangelo.
Foto: PD/via Wikimedia

Musterunterbrechung

Predigttext zum 4. September 2022
12. Sonntag nach Trinitatis:

Apostelgeschichte 9,1–20 

Der Herr sprach zu Hananias: Steh auf und geh in die Straße, die die Gerade heißt, und frage in dem Haus des Judas nach einem Mann mit Namen Saulus von Tarsus. Denn siehe, er betet und hat in einer Erscheinung einen Mann gesehen mit Namen Hananias, der zu ihm hereinkam und ihm die Hände auflegte, dass er wieder sehend werde. Hananias aber antwortete: Herr, ich habe von vielen gehört über diesen Mann, wie viel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem angetan hat.

Apostelgeschichte 9,11–13

Können Menschen sich ändern? Ihre Werte, Grundhaltungen und Reaktionsmuster, ihr Verhalten? Also grundlegend und nicht nur ein bisschen an der Oberfläche. Also nicht „noch mehr desselben“ (Paul Watzlawick), sondern als echte Musterunterbrechung? Wilhelm Busch dichtete pessimistisch: „Die Wohnung schön, die Möbel neu – der alte Lump ist auch dabei.“

Die Bibel nennt Musterunterbrechungen „Umkehr, Buße“. Und erzählt immer wieder davon, wie nötig das ist und wie es immer wieder mal gelingt, dass Menschen sich neu ausrichten. Der Abschnitt aus der Apostelgeschichte ist überschrieben mit „Die Bekehrung des Saulus“, wohl eine der berühmtesten Musterunterbrechungen. Zunächst ist er felsenfest davon überzeugt, genau das Richtige zu tun, wenn er Christen verfolgt, bedroht, inhaftiert. In seinem ­bisherigen Werte­system und Weltbild ist das ­stimmig, ja notwendig.

Wie viele radikalisierte religiöse Gruppen, ­brutale Terrorzellen, War-Lords und Diktatoren gibt es auch heute, die Verfolgung, Entführung, Folter, Mord als Mittel zu einem Zweck verstehen, den sie für heilig halten. Und wie unsäglich viel Leid wird dadurch über Menschen gebracht! Unsere Friedensgebete richten sich ja immer wieder darauf, dass sie aufwachen und umkehren. Loslassen von ihrem zerstörerischen Denken und Handeln.

Allerdings scheint es so zu sein, dass Menschen sich selbst nicht ändern können und – einmal in solcher Spirale – nicht mehr davon loskommen. Es sei denn, es gibt einen Impuls von außen, der sie mitten ins Herz trifft, der ihr Weltbild fundamental erschüttert. So war das jedenfalls bei Saulus. Die Begegnung mit Jesus Christus haut ihn regelrecht aus dem Sattel. Der Täter wird hilfebedürftig. Vorübergehend wird sein Augenlicht deaktiviert, damit er Zeit und Raum bekommt, mit dem Herzen zu sehen. Ein heftiger Schlag, der ihn aber nicht umbringt, sondern zur Umkehr bringt. Manchmal können fundamentale Erschütterungen ausgesprochen hilfreich sein, wie schmerzlich sie auch sind. Weh dem, der das nie erfahren musste.

Allerdings muss nicht nur Paulus umdenken, sondern auch Hananias, Christ in Damaskus mit einem klaren Bild seines Feindes. Er kriegt zwar keinen Schuss vor den Bug, aber auch einen klaren Hinweis von Gott, dass er sich von diesem Feindbild lösen muss. Feindbilder zu pflegen geht nicht auf dem Weg Jesu. So wird auch er zu einer Musterunterbrechung bereit. Etwas ganz Neues entsteht, was Menschen näher zu Gott bringt und den Frieden fördert. Lasst uns Gott darum bitten, für uns selbst und unsere Feinde.

Pfarrer Gerold Vorländer leitet den Dienstbereich Mission der ­Berliner Stadtmission

 

Einer ist verletzt – aber wer hilft?
Foto: pixabay

Knallharter Krimi

Predigttext zum 11. September 2022,
13. Sonntag nach Trinitatis:
Lukas 10,25-37

Es traf sich aber, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er vorüber. Desgleichen auch ein Levit: Als er zu der Stelle kam und ihn sah, ging er vorüber. Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam dahin; und als er ihn sah, jammerte es ihn; und er ging zu ihm, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie ihm, hob ihn auf sein Tier und brachte ihn in eine Herberge und ­pflegte ihn. 

                                                         Lukas 10, 31–34

Ich muss es Ihnen gleich sagen, diese Geschichte könnte sonntags bei Tatort oder Polizeiruf 110 zu sehen sein. Es geht um Raub, schwere Körperverletzung und zweifache unterlassene Hilfeleistung! Im Grunde ist das ein knallharter Krimi.

Ein Mann, nein ein Mensch wird überfallen. Er joggt jeden Tag in diesem Waldstück. An diesem Tag ist alles anders. Plötzlich hört er es knacken und schon wird ihm schwarz vor Augen. Irgend­jemand raubt ihn aus. Sparkassenkarte, Geld, alles wird ihm geraubt. Hilflos wird er liegen gelassen. Nur sein Handy bleibt ihm. Als er benebelt aufwacht und sein Handy in seine Hand nimmt, merkt er, ein Funkloch! Er blutet am Kopf, sein rechter Arm schmerzt. Er wird wieder ohnmächtig.

Stundenlang liegt der Mensch so am Wegesrand. Was er nicht bemerkt, Menschen laufen an ihm vorbei. Sehen ihn! Bleiben kurz stehen und rennen weiter! Unterlassene Hilfeleistung! Der Staatsanwalt wird eingehend ermitteln. Gerichtsreporter berichten später tagelang über diesen aufsehenden Prozess in den Zeitungen. Mit spitzer Feder schreiben sie, ein Sonderling hätte den ­Jogger einen Tag später schwerverwundet gefunden und alles Notwendige sofort veranlasst.

Ein Sonderling! Mehr war nicht zu erfahren. Im Ort machte das Gerücht die Runde, es sei ein Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela gewesen. Andere erzählten, ein Fremder, einer mit einem großen Auto sei es gewesen … Frappierend, keiner der Einheimischen holte sein Handy aus seiner Tasche und setzte wenigstens einen Notruf ab. Die Polizei ermittelte in akribischer Kleinarbeit jeden, der keine Hilfe leistete.

Staunend las eine ältere Staatsanwältin in den Vernehmungsprotokollen: „Schließlich hätte ich mich mit AIDS oder Affenpocken oder Hepatitis anstecken können!“ „Wartet eventuell ein anderer versteckt, um mich ebenfalls auszurauben!“ „Ich nahm an, er sei nur betrunken! Er wird sich wieder aufrappeln!“ Die Ausreden nahmen in den Protokollen kein Ende. Ausreden sind aus schlechtem Holz selbst gezimmerte kleine Brücken, um in ganz bestimmten Lebenslagen an das vermeintlich rettende andere Ufer zu gelangen. Dort wird es schon irgendwie weiter gehen.

Jesus erzählt diesen Krimi einem Menschen, der von Berufs wegen wissen müsste, wie das Leben zu leben ist. Einem ganz Frommen wird der ­Spiegel vorgehalten mit dem Glaubensgrundsatz jedes Israeliten. Ob er erschrickt, als er von einem Nichtfrommen erfährt, wie denn Nächstenliebe im Alltag gelebt werden soll?

Wer Nichtfromme sind, wissen wir wohl allzu schnell! Leider! Jesus warnt vor der Anwendung solchen Denkens auf andere Menschen. Wer anderen Menschen hilft, ist auf den Lebensspuren von Jesus, dem Heiland! Fachleute im Sinne der Bibel fragen nicht nach der Rettung des eigenen „Ichs“. Sie packen an, retten, helfen, beten für Mitmenschen. So sind diese Bibelgeschichten Geschichten die aus der Zeit fallen und aktuell bleiben. Sie erreichen uns. Sie begleiten uns durch unser Leben! Gott sei Dank dafür!

Albrecht Kalusche ist Mitarbeiter im Gemeindedienst der Evangelisch-methodistischen Kirche ­Reinsdorf

 

Wasser besitzt Heilkraft. Foto: pixabay

 

 

Danklied der Erlösten

Predigttext zum 18. September 2022
14. Sonntag nach Trinitatis:
Jesaja 12,1–6

Zu der Zeit wirst du sagen: Ich danke dir, HERR! Du bist zornig gewesen über mich. Möge dein Zorn sich abkehren, dass du mich tröstest. Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht; denn Gott der HERR ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil. Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Brunnen des Heils. Und ihr werdet sagen zu der Zeit: Danket dem HERRN, rufet an seinen Namen! Machet kund unter den Völkern sein Tun, verkündiget, wie sein Name so hoch ist! Lobsinget dem HERRN, denn er hat sich herrlich bewiesen. Solches sei kund in allen Landen! Jauchze und rühme, die du wohnst auf Zion; denn der Heilige Israels ist groß bei dir!

                                                         Jesaja 12,1–6

Unser Predigttext ist die Aufforderung zum ­Singen, ein Loblied. Ich bin von diesem Text begeistert. Durch und durch positiv, ein Loblied auf Gott und eine Art Animation. Hier werden Menschen zu etwas ermutigt, das mit großen ­Emotionen zu tun hat: „Lobsinget! heißt es. Jauchzet! Jubelt! Verkündet! Preist den Herrn!“ ­Starke, dynamische Appelle: lasst eure Freude ­heraus an Gottes Heilshandeln! Das Lied weist in die Zukunft des Volkes Israel, das schlimme Erfahrungen mit Gottes Zorn gemacht hat. Mitten hinein in Bedrohungen und die Erwartung der kommenden Nöte verheißt der Prophet eine große Wende. Künftiges Heil und ein Heilsbringer werden in den vorausgehenden Kapiteln versprochen. Gott sieht über den Tellerrand der gegenwärtigen Sorgen seines Volkes hinweg auf die kommende Rettung. Sehnsucht und Hoffnung, Dankbarkeit und Gotteslob werden eines Tages wieder übermächtig. Voller Freude verheißt Jesaja, dass sie staunend von dem gleichen Gott sagen werden: „Gott der HERR ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil.“ Ein Lichtblick am Ende des Tunnels. Der deprimierte Blick wird geweitet.

Was ist hier geschehen? Jesaja hatte offenbar die Vision einer großen Veränderung der Notsituation und der Menschen durch eine Art Gesundbrunnen oder Heilquelle. „Ihr werdet Wasser schöpfen aus den Quellen des Heils, der Rettung.“ Heilendes Quellwasser also wird im Überfluss vorhanden sein, um daraus zu schöpfen. Seit Jahrhunderten setzen Menschen ihre Hoffnung auf die Kraft von Heilwässerchen aus bestimmten Mineralquellen. Und, ehrlich gesagt: Träumen wir nicht auch von einer Art Heilquelle für die Katastrophen unserer Erde? Aus Heilquellen zu schöpfen kann doch nur Gutes bedeuten, Gesundheit, Friede, Freude, Frische und Lebendigkeit. So ist Gottes Seelsorge.

Woher beziehen diese Wasserquellen, von denen der Prophet spricht, ihre Heilkraft? Wenn Gott selbst die Quelle des Lebens und des Heils, der Rettung ist, wie auch die Psalmbeter glaubten, dann haben wir mehr als eine gewöhnliche Wasserquelle, die kurzzeitig den Durst löscht. Jesus erklärte es am Jakobsbrunnen der Samariterin so: „Das Wasser, das ich geben werde, wird in dir eine Wasserquelle werden, die ins ewige Leben quillt.“ Bei unseren jüdischen Geschwistern hatte fließendes, „lebendiges Wasser“ immer schon eine größere theologische Bedeutung als abgestandenes Brunnenwasser. Es ist ein Bild für die Reinheit der innigen Beziehung zu Gott und seinem Wort. Das ist Jubel und Lobgesang wert! Und Vertrauen.

Wolfgang Wendt, Prädikant in Berlin-Buch und Berlin-Karow

I

Einer trage des anderen Last.
Foto: pixabay

Einander tragen

Predigttext zum 25. September 2022
15. Sonntag nach Trinitatis:
Galater 5,25–6,10

Einer trage des Anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Denn wenn jemand meint, er sei etwas, obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst. Ein jeder aber prüfe sein eigenes Werk; und dann wird er seinen Ruhm bei sich selbst haben und nicht gegenüber einem andern.

                                                         Galater 6,2-4

Einer der bekanntesten Sätze der Bibel heißt: „Einer trage des Andern Last.“ Sogar als Titel eines DEFA-Films ist er Ende der 1980er Jahre in die Kinos gekommen und hat eine sehr positive Aufnahme bei den Zuschauenden gefunden. Unlängst konnte ich ihn wieder sehen. Der Film hat mich wieder gepackt. In ihm geht es um die weltanschauliche Toleranz zwischen Christen und Athe­isten als Voraussetzung einer lebensfähigen Gesellschaft. Während die beiden Kontrahenten, ein Vikar und ein Volkspolizist, ihren ideologischen Kleinkrieg führten, hatten sie Wichtiges aus dem Blickfeld verloren: die Last des Anderen mitzutragen. Sie erkennen aber, dass wir Menschen mit dem Leben der anderen Zeitgenossen verflochten und auf sie bezogen sind, ohne dass man sich in allen Dingen und Meinungen vollkommen verstehen muss.

Das Wort aus dem Galater-Brief des Paulus ist eines, das Christen und Nicht-Christen anspricht. Mit ihm kann ein Netz entstehen, in dem sich Menschen gegenseitig Halt geben und miteinander für andere stark machen können. Manchmal geschieht das unscheinbar oder gar unsichtbar, manchmal auch ganz offensichtlich, sogar laut und deutlich. Unsere bekanntlich so schwierige  Zeit braucht solche Menschen.

Einander tragen heißt aber auch, die Last des Versagens zu tragen. Wir machen Fehler. Da ist es gut, wenn wir sie einander eingestehen und verzeihen, denn auch das heißt mit tragen. Keiner soll dem andern seine Fehler, seine Unzulänglichkeiten, seine Schwachheiten wie einen nassen Lappen ins Gesicht schleudern. „Alle eure Dinge lasst in Liebe geschehen.“ Auch dieses Wort stammt von Paulus. Und der Apostel schreibt ­weiter: „So werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Gilt für uns doch ein Gesetz? Ich glaube schon. Nämlich das Gesetz der Liebe. In dem Galater-Brief heißt es: Und diese Liebe besteht nicht nur in frommen Worten und schönen Sprüchen, diese Liebe packt zu, wo es notwendig ist. „Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort erfüllt (3. Mose 19,18): ,Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!‘“ 

Im Galater-Brief ist auch zu lesen: „Jeder prüfe sein eigenes Werk, und dann wird er für sich selbst den Ruhm haben und nicht für einen anderen; denn jeder Einzelne wird seine eigene Bürde zu tragen haben.“ Das ist ebenfalls eine Wahrheit, die wir realisieren müssen: Wir sind nicht nur ­darauf angewiesen, dass andere uns mitteilen, was wir gut oder schlecht gemacht haben. Wir sind in der Lage, uns selbst zu prüfen.

 Es geht hier nicht nur um Ratschläge für das Gelingen einer Gemeinschaft. Hier geht es auch darum, miteinander in dem Bewusstsein zu leben, dass alle den Geist Gottes verheißen bekommen haben. Im Alltag mag er nicht immer automatisch spürbar sein. Doch es wird uns ein Weg gegeben, den Geist für andere sichtbar zu machen, durch ein gelingendes Miteinander.

Klaus Büstrin ist Prädikant in Potsdam

 

Aktuelle Ausgabe September 2022

 

Das Logo zum Jubiläum 125 Jahre Frohe Botschaft, mit dem Schriftzug, der Zahl und einer Taube für den Heiligen Geist„Das Beste im Briefkasten“
125 Jahre Frohe Botschaft
Walter Ränker und Karl-Hans Barth  schreiben, warum sie die Frohe Botschaft gern lesen.
Leserinnen und Leser 

 

Neue Serie: Menschen
Der Engel von Kalkutta
Vor 25 Jahren starb Mutter Teresa.
Von Hans-Jürgen Grundmann, Berlin

Mutter Teresa 1986 in Bonn.
Foto wikimedia commons

 

 

 

 

 

 

 

Nie wieder Krieg

Ein Fahrrad konnte er sich erst von einem Konfirmationsgeld leisten.
Foto: pixabay


Zum Antikriegstag
am 1. September:
Erinnerungen an das Kriegsende 1945.
Von Hans-Jürgen Stegmann, Rostock

 

 

 

Erinnerungen an das 110. Jubiläum

Von links nach rechts: Der damalige Ministerpräsident des Landes Brandenburg und unermüdlicher Förderer der ­Frohen Botschaft, Manfred Stolpe, der ehemalige Generalsuperintendent des Sprengels Görlitz, Hans-Wilhelm Pietz, der frühere Vorstand des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg, Thomas Dane, und der ehemalige Schriftleiter Edgar Schwarz.
Foto Archiv

Historische Aufnahme mit Ministerpräsident a.D. Manfred Stolpe in der Stephanus-Stiftung

 

 

 

 

 

 

 

 

Lebensfragen
Was kann ich als älterer Menschen den jungen Menschen mit auf den Weg geben?
Es antwortet: Generalsuperintendent Martin-Michael Passauer, Berlin

 

 

 

 

Gebet des Monats September 2022

Herbst
Foto: pixabay

 

 

 

 

 

 

 


Ein Gebet für September

Lehre und beflügle mich

Wir bitten, Herr, gib Frieden,
schenke den Regierenden Verstand,
um dem sinnlosen Sterben ein Ende zu machen.
Wir bitten, Herr, gib Frieden,
sei bei den Trauernden,
die Söhne und Väter verloren haben.
Wir bitten, Herr, gib Frieden,
gibt uns ein Herz der Nächstenliebe,
um zu helfen, wo es uns möglich ist.
Wir bitten, Herr, gib Frieden,
du bist der Friedefürst, der die Welt erhält,
sende deinen Frieden in die Welt,
dass die Kriege ein Ende finden.
Amen

Christina Telker

Gebet des Monats August 2022

Ein Mädchen auf einer Blumenwiese.
Foto: pixabay

 

 

 

 

 

 

 

 


Ein Gebet für August

Lehre und beflügle mich

Danke, dass du mich annimmst – obwohl ich so unvollkommen bin.
Danke, dass du mir vergibst – obwohl ich meine Fehler wiederhole.
Danke, dass du mich liebst – obwohl du mich kennst.
Stärke mich dabei, meine Dankbarkeit nicht nur zu empfinden, ­sondern auch zu leben. Lehre und beflügle mich, die Güte, die ich von dir erfahre, weiterzugeben, ohne dafür einen Dank zu erwarten.

Verfasserin unbekannt